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Diskret koreanisch

Um Berlin Diskret soll es an dieser Stelle gehen, allerdings – man ahnt es schon – nicht um die beliebte Anzeigenrubrik in der B. Z., sondern um die Kreuzberger Punkband gleichen Namens. Bei denen sind keine ganz Unbekannten aktiv, unter anderem wirkt Johnny Bottrop mit, den man ja auch von der Terrorgruppe kennt. Berlin Diskret spielen auf „Arbeiten und Wohnen“, ihrem zweiten Album (das erste trug den geilen Titel „Kurfürstendamnedamnedamned“), schnoddrigen 77er-Punk. Rein musikalisch ist das auf Dauer etwas ermüdend, weil dem Genre nicht wirklich etwas Originelles hinzugefügt wird. Textlich dagegen ist das mitunter ganz unterhaltsam, auch wenn die finsteren nächtlichen Visionen, die etwa in „Letzte Nacht“ geschildert werden, wirklich keinem zu wünschen sind: „… und am Himmel stand ein Mond mit dem Gesicht von Erika Steinbach / und sie lacht mir ins Gesicht (…) und dann steht da ein Dämon vor mir in Gestalt von Reinhold Beckmann / und er grinst mir ins Gesicht“. Insgesamt aber ein eher unentschiedenes Fazit, weil dem Sound der Band eine Frischzellenkur guttäte.

Die hat die Südkoreanerin Peggy Gou sicher nicht nötig. Peggy Gou ist eine im Kontext von Clubmusik hochgeschätzte Künstlerin, die 2016 einige EPs und 12-Inches veröffentlichte und nun die erste EP nach eineinhalb Jahren Pause vorlegt. Zu hören sind auf „Once“ drei Stücke – die ersten beiden davon sind House-Tracks, in der unterschwellig Einflüsse aus traditioneller afrikanischer Musik anklingen, das abschließende „Han Jan“ ist dann mit den charakteristischen 808-Synthesizern deutlich vom Electro-Genre geprägt. Während Peggy Gou zuvor rein instrumentale Musik gemacht hat, experimentiert sie hier erstmals mit Gesang, und zwar in ihrer Muttersprache. Man lernt, dass Koreanisch als gesungene Sprache etwas mystisch und geheimnisvoll klingt. Zudem lernt man, wenn man sich mit Peggy Gou beschäftigt, dass sie neben der Musik noch Modejournalistin ist, ziemlich mit Tattoos vollgekritzelt ist und in diesem Jahr unter anderem beim nicht gerade unwichtigen Coachella-Festival spielen wird. Wenn man die drei Songs so hört, wünscht man ihr, sie möge durchstarten. Jens Uthoff

Berlin Diskret: „Arbeiten und Wohnen“ (Twisted Chords/Broken Silence)

Peggy Gou: „Once“ (Ninja Tune/GoodToGo)

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