piwik no script img

Demonstrationen im KongoPolizei schlägt Protest brutal nieder

Katholiken rufen im Kongo abermals zu Kundgebungen gegen Präsident Kabila auf. In vielen Städten schießt die Polizei auf Demonstranten.

Hitzige Stimmung in Kinshasa Foto: reuters

„Keine Toten“ hatte die Polizei in Kongos Hauptstadt Kinshasa als Devise ausgegeben, aber wieder ist am Sonntag bei der Niederschlagung von Protesten gegen das Regime von Präsident Joseph Kabila Blut geflossen. Bis zum frühen Nachmittag meldeten Journalisten einen Toten vor einer Kirche in Kinshasa, dazu Schusswaffeneinsatz der Polizei gegen Demonstranten in vielen Städten.

Zu den Protesten hatte der Laienverband der katholischen Kirche in der Demokratischen Republik Kongo aufgerufen – der dritte Aufruf zu friedlichen Demonstrationen der Gläubigen nach der Sonntagsmesse seit dem 31. Dezember 2017. Die meisten katholischen Bischöfe unterstützen die Proteste, bei denen es darum geht, dass trotz des Ablaufs von Kabilas Amtszeit im Dezember 2016 bis heute keine Neuwahlen stattgefunden haben.

Eine Einigung auf Wahlen bis Ende 2017 blieb ergebnislos. Auch die aktuelle Zusage der Wahlkommission, Wahlen im Dezember 2018 abzuhalten, wird immer stärker angezweifelt. Mindestens ein Dutzend Menschen wurden bei diesen Protesten, die jedes Mal vorab verboten wurden, erschossen.

Vor diesem Sonntag war die Anspannung jedoch besonders groß. Schon am Samstagabend wurden mehrere hundert Angehörige der Jugendmiliz von Kongos Regierungspartei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie) in städtischen Bussen vor die Kathedrale von Kinshasa gekarrt, wo sie die Besetzung der Ka­the­dra­le „zur Verteidigung des Vaterlands“ ausriefen. Die mit roten Baretten ausgestatteten Milizionäre zogen sich in der Nacht wieder zurück. Dennoch werteten Oppositionelle die Aktion als klare Einschüchterung.

Nur in der Messe kann Kritik geäußert werden

Am Sonntag kamen deutlich weniger Gläubige zur Messe in die Kathedrale als sonst. In anderen Kirchen hingegen blieb der Andrang unverändert groß. Die Sonntagsmessen sind so ziemlich die einzigen sicheren Versammlungsorte im Kongo, auf denen öffentlich Kritik an der Regierung laut werden kann.

Das Opfer in Kinshasa, der Oppositionsaktivist Rossy Mukendi, wurde vor der Kirche St. Benedikt im Stadtteil Lemba getötet, mit einem Bauchschuss aus nächster Nähe, sagten Angehörige gegenüber Journalisten. Zwei Menschen wurden schwer verletzt. In vielen Provinzhauptstädten verhinderten Polizeieinsätze, dass sich Demonstrationen bilden konnten.

Im ostkongolesischen Ki­san­ga­ni – wo der höchstrangige Kirchenführer, Kardinal Laurent Monsengwo, jahrzehntelang Bischof war – löste die Polizei einen Demonstrationsversuch vor der Kathedrale mit Schüssen und Tränengas auf und nahm drei Priester fest; die Gläubigen verrammelten sich in der Kirche und sangen die Nationalhymne „Steht auf, Kongolesen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Den gleichen Duktus wünsche ich mir, wenn in europäischen Ländern die Polizei mit Chemiewaffen gegen die Bevölkerung vorgeht und Tote billigend in Kauf nimmt.