piwik no script img

Cooler Auftritt auf der ganz großen Bühne

Die Philadelphia Eagles gewinnen den Superbowl und präsentieren dabei mit Nick Foles einen neuen Footballhelden. Tom Brady bleibt diesmal nur die Nebenrolle

Netter Pokal: Auch im Triumph bleibt Nick Foles recht gelassen Foto: ap

Von Thomas Winkler

Die mit Abstand wichtigste Frage, die an diesem Sonntagabend in Minneapolis geklärt wurde, war natürlich, ob es zu Nipplegate II kommen würde. Doch für Aufregung sorgte diesmal nicht die Halbzeitshow des Superbowl, sondern das Spiel selbst: 14 Jahre nachdem er vor Hunderten Millionen Zuschauern Janet Jacksons rechte Brust entblößte, lieferte Justin Timberlake eine eher biedere Performance ab. Die New England Patriots und die Philadelphia Eagles dagegen zündeten ein Feuerwerk. Timberlake konnte die 67.600 Zuschauer erst richtig interessieren, als er den verstorbenen Lokalheroen Prince per Projektion ins Stadion holte. Für ungleich größere Begeisterung sorgte das Spiel, das wild hin und her wogte, mit einer dramatischen Wendung nach der anderen aufwartete, einen unerwarteten Helden produzierte und mit einem Erfolg des Außenseiters endete.

Quarterback Nick Foles war es, der die Eagles mit seinen Pässen zum 41:33-Sieg führte und anschließend zum MVP, zum Spieler des Matches, gewählt wurde. Dabei stach Foles keinen Geringeren als Tom Brady aus: Der Spielmacher der Patriots gilt als bester Quarterback aller Zeiten, dieser 52. Superbowl war der achte, in dem er auflief, ein einsamer Rekord. Als Jackson und Timberlake die berühmte wardrobe malfunction unterlief, gewann er sein zweites Endspiel. Nun in Minneapolis sollte Brady eigentlich seinen sechsten Superbowl gewinnen. Nicht dass der 40-Jährige enttäuschte: Seine Pässe führten zu 505 Yards Raumgewinn, eine weitere ­Bestleistung bei Superbowls. Trotzdem musste er nach dem Spiel den Reportern in die Blöcke diktieren: „Verlieren nervt.“

Denn auf der anderen Seite warf Foles für nicht ganz so stattliche, aber sehr wichtige 373 Yards. Zusätzlich fing er nach einem gewagten Trickspielzug, der die Verteidigung der Pa­triots foppte, auch noch selbst einen Touchdown. Vor allem aber behielt Foles trotz der großen Bühne, trotz der lebenden Legende auf der anderen Seite und trotz des hin und her wogenden Spiels, das von den Angriffsreihen dominiert wurde wie kein Superbowl zuvor, die Ruhe und brachte die entscheidenden Pässe an den Mann, die den Philadelphia Eagles den ersten Superbowlsieg ihrer langen Geschichte bescherten.

Dass ausgerechnet Foles, der 29-Jährige aus Texas, den Eagles zum großen Erfolg verhelfen würde, das war doch extrem unwahrscheinlich. Denn noch vor zwei Monaten saß Foles auf der Ersatzbank, während Carson Wentz, der Nummer-eins-Quarterback der Eagles, eine überragende Saison spielte. Dann verletzte sich Wentz, Foles musste für ihn einspringen und machte zunächst keine sonderlich gute Figur. Die Experten schrieben die Eagles ab. Niemand traute Foles zu, die im Football dermaßen wichtige Quarterbackposition ausgerechnet im wichtigsten Spiel des Jahres adäquat ausfüllen zu können.

Niemand traute Nick Foles die Quarterbackrolle wirklich zu

„Ich war ganz ruhig“, sagte Foles nach dem Sieg. Und so, wie er ganz entspannt die vielen Medienverpflichtungen absolvierte, während um ihn herum das Chaos regierte und Mannschaftskollegen die ein oder andere Freudenträne verdrückten, konnte man ihm das glauben. Die Gelassenheit mag daher rühren, dass Foles in seiner Karriere schon einige Höhen, aber vor allem viele Tiefen erlebt hat. Vor zwei Jahren war er schließlich so weit, den Sport aufzugeben. Er hatte seine Liebe zum Football verloren, erzählte er im Vorfeld des Endspiels, und darüber nachgedacht, entweder Priester zu werden oder mit seinem Vater, Besitzer einiger Restaurantketten, in die Gastronomie einzusteigen.

Nach einem halben Jahr voller Zweifel hatte Foles es sich dann aber anders überlegt – zum Glück für die Eagles. Und zum Leidwesen von Tom Brady, der eine schon jetzt unglaubliche Karriere wohl noch weiter verlängern wird. „Das Spiel ist gerade mal 15 Minuten vorbei“, sagte Brady nach der Niederlage auf die Frage, ob er weiter Football spielen werde, „aber ich wüsste nicht, was dagegen spräche.“ Wir wissen es: Bradys Frau, das brasilianische Supermodel Gisele Bündchen, bearbeitet ihren Gatten schon seit Jahren, den Sport endlich sein zu lassen und mehr Zeit mit ihr und den beiden Kindern zu verbringen. Aber wer Brady kennt, weiß, dass er mit solch einer Enttäuschung nicht abtreten will. Er könne sich vorstellen, noch mit 45 Jahren in der NFL zu spielen, hat Brady erklärt.

Vielleicht ja tatsächlich so lange, dass er dann auch dabei ist, sollte es eines Tages doch noch zu einer Nipplegate-Reunion kommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen