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die nachrichtGabriel-Besuch beendet diplomatische Krise mit Israel

Das Treffen des deutschen Außenministers mit Israels Premier Netanjahu in Jerusalem macht einen Affront vergessen, ändert aber nichts an beiderseitigen Meinungsverschiedenheiten

Das Neue

Der Staatsbesuch Sigmar Gabriels in Jerusalem beendet die diplomatischen Spannungen zwischen Deutschland und Israel. Am Mittwoch traten der deutsche Außenminister und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gemeinsam vor die Kameras, um das zu demonstrieren. Enge Freunde sind Gabriel und Netanjahu deshalb noch lange nicht. Es sei „immer eine Gelegenheit, mit Vertretern der Bundesregierung zu sprechen“, meinte Netanjahu, ohne Gabriel beim Namen zu nennen. Lieber sprach der Premier vom „hervorragenden Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel“, die er im Verlauf des Weltwirtschaftsforums letzte Woche in Davos getroffen hatte.

Der Kontext

Obschon sich Gabriel deutlich um Netanjahu bemüht gab und die Gemeinsamkeiten mit Israels Regierung betonte, blieben die politischen Meinungsunterschiede offensichtlich. Er habe sich „gefreut zu hören, dass Israel unverändert die Zweistaatenlösung anstrebt“, meinte Gabriel, und Netanjahu warf ein: „Wir werden die Sicherheit westlich des Jordans kontrollieren“, ob man das als Staat definiere oder nicht. Gabriel hatte sich schon vor fünf Jahren ungewöhnlich deutlich gegen Israels Besatzung positioniert. Damals besuchte der SPD-Chef die palästinensische Stadt Hebron und bezeichnete die dort herrschenden Lebensumstände als „unwürdig“.

Vor knapp einem Jahr hatte sich Gabriel zum Ärger Netanjahus dann mit Aktivisten der beiden regierungs- und besatzungskritischen Nichtregierungsorganisationen Breaking the Silence und B’Tselem getroffen. Daraufhin sagte Netanjahu ein Treffen ab. Aktuell schwebt der Streit über die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump in der Luft. Die Bundesrepublik hofft auf eine bilaterale Klärung zwischen Israel und den Palästinensern. „Für uns ist klar, dass es am Ende zwei Staaten geben soll, und Jerusalem Hauptstadt für beide sein kann.“

Die Reaktionen

Nichtsdestotrotz wollte sich der Bundesaußenminister bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas dafür einsetzen, dass sich die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) künftigen Verhandlungen nicht verschließt, wie sie es ankündigte. „Wir denken, dass es ohne die USA nicht geht“, meinte Gabriel. Erst am Vortag war es in Bethlehem zu heftigen antiamerikanischen Protesten gekommen. Demonstranten unterbrachen eine Besprechung in der Industrie- und Handelskammer und bewarfen mehrere Fahrzeuge der US-Diplomaten mit Tomaten.

Die Konsequenz

Der Gabriel-Besuch ebnet den Boden für eine bessere Stimmung bei den im April anstehenden Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag von Israels Unabhängigkeit. An den politischen Meinungsverschiedenheiten ändert das nichts. Im Verlauf einer Konferenz des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv warnte Gabriel vor der „klar wachsenden Frustration in Europa über Israels Handeln“. Er selbst bezeichnete sich als einen „Freund Israels“, der „ernsthaft besorgt“ sei.

Susanne Knaul

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