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„Regenschirm-Proteste“ in HongkongWong muss wieder hinter Gitter

Ein Gericht verurteilte den Aktivisten Joshua Wong erneut zu einer Haftstrafe, ebenso wie einen seiner Mitstreiter. Bisher kam Wong immer gegen Kaution frei.

Joshua Wong vor dem Gericht in Hongkong Foto: reuters

Hongkong dpa | Hongkongs junger Protestführer Joshua Wong ist erneut zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Ein Gericht in Hongkong setzte das Strafmaß für den 21-Jährigen am Mittwoch auf drei Monate Haft fest, weil er und seine Mitstreiter sich während der „Regenschirm-Demonstrationen“ vor drei Jahren geweigert hätten, ein Protestcamp zu räumen. „Gebt Gas!“, rief Wong seinen Anhänger zu, als ihn Polizisten aus dem Gericht führten und ins Gefängnis brachten.

Auch gegen mehrere Mitstreiter Wongs urteilte das Gericht: Raphael Wong, ein anderes bekanntes Gesicht der Hongkonger Demokratiebewegung, muss demnach viereinhalb Monate in Haft. 13 weitere Aktivisten erhielten Bewährungsstrafen.

Joshua Wong war in Verbindung mit den Protesten bereits in einem davon getrennten Verfahren zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt worden. Später wurde er aber gegen Kaution wieder entlassen, um in Berufung gehen zu können. Eine Entscheidung in dem Berufungsverfahren steht noch aus.

Das harte Vorgehen der Justiz gegen Wong und andere Aktivisten hat in Hongkong eine große Kontroverse ausgelöst und Befürchtungen geweckt, dass Haftstrafen auf politischen Druck aus Peking verhängt wurden.

In seinem Urteil sagte Richter Andrew Chan, jeder in der Stadt habe das Recht, „öffentlich gegen alles zu protestieren, was ihm missfällt“. Das Protestcamp habe aber „normale Bürger daran gehindert, ihrem Alltag nachzugehen“. Wong habe eine tragende Rolle gespielt, weshalb Haft „die einzige angemessene Strafe“ sei.

Versprechen nicht eingelöst

Der Hongkonger Aktivist Nathan Law, der zuvor ebenfalls zu einer Haftstrafe verurteilt und später auf Kaution entlassen worden war, kritisierte das Urteil am Mittwoch scharf. Peking habe mehr Demokratie versprochen. Doch alle, die dieses Versprechen einforderten, würden nun von der Regierung „beseitigt“.

Die „Regenschirm-Proteste“ 2014, die weltweit für Schlagzeilen sorgten, waren die größte Herausforderung für Chinas kommunistische Führung in der früheren britischen Kronkolonie seit deren Rückgabe 1997. Die Massendemonstrationen und Sitzblockaden, die damals für Tage das Zentrum der Stadt lahmlegten, hatten sich an Pekinger Beschlüssen entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ regiert. Diese Vereinbarung sieht vor, dass Hongkong für 50 Jahre bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“ und viele Freiheiten genießt.

Doch Beobachter warnten zuletzt immer wieder, dass Peking versuche, die Kontrolle an sich zu ziehen. Journalisten berichten von Selbstzensur und wirtschaftlichem Druck seitens zahlungskräftiger Anzeigenkunden aus der Volksrepublik. Akademiker beklagten politische Einflussnahme bei Stellenbesetzungen.

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