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Jörn Kabisch AngezapftDrei Monate im Tequilafass

Foto: Archiv

Bis mir einfiel, an was mich der Duft dieses Bieres erinnerte, musste ich etwas überlegen. Denn dieses Bukett erwartet man nicht von fermentiertem Gerstensaft. Aber da war Ananas und Kokos, so wie in der Piña Colada, diesem cremigen Cocktail aus der Karibik, der seine letzte Blüte in den 80er Jahren hatte. Seine Aromenkombination findet man heute mehr in Duschgels, Lufterfrischern oder auch Früchtetees. Jetzt also auch Bier? Glücklicherweise blieb es bei dem kurzen Geruchseindruck, im Mund entwickelt sich das „una cerveza“ ganz anders.

Am Fuße der schwäbischen Alb wird dieses Bier gebraut, in einem Familienbetrieb mit Tradition. In Heubach sitzt eine der fast unzähligen Hirschbrauereien Süddeutschlands, bis ins 16. Jahrhundert lässt sich ihre Geschichte zurückverfolgen.

Seit zwei Jahren sind dort zwei junge Geschäftsführer am Steuer, Alexander Caliz und Thomas Mayer, beide stammen aus der Familie. Und sie sind offensichtlich gewillt, den Ruf des Bierlands Baden-Württemberg zu verbessern. Denn über die Landesgrenzen hinaus hat junge, kreative Braukunst bislang nur selten von sich reden gemacht. Der Südwesten, obwohl nach Bayern die Region mit der größten Brauereidichte, ist noch immer das Land von Rothaus, Eichbaum und Schwabenbräu.

Die Heubacher haben gleich eine ganze Braukunst-Edition mit insgesamt zwölf Bieren aufgelegt. Darunter natürlich Stout und diverse Pale Ales, auch ein Belgisch Triple. Zudem haben die Brauer mit Fassreifungen experimentiert, die Edition enthält beispielsweise ein Bock aus dem Whiskeyfass. Das „una cerveza“ dagegen durfte drei Monate im Tequilafass lagern, ziemlich unerhört: Bier und der Agavenschnaps, dieser Mix ist sonst eher nur ein zu Kopf steigendes Markenprodukt von Großbrauereien und heißt dann „Desperados“ (Heineken) oder „Salitos“ (Krombacher).

Aber auch das „una cerveza“ kann nicht wirklich überzeugen, auch wenn der Piña-Colada-Eindruck sich beim Trinken glücklicherweise nicht weiter fortsetzt. Das Bier, opalfarben mit nur leichter Trübung, fließt sehr süß und fast klebrig auf die Zunge, bevor sich der Tettnanger Hopfen einseitig bitter, leicht schnapsig und im Abgang sogar kratzig auf dem Gaumen breit macht.

Una cerveza, Hirschbrauerei Heubach, 6,4 % vol.

Obwohl eher schlank und nicht malzig, hat „una cerveza“ einen ziemlich sättigenden Effekt. Aber das muss nicht schlecht sein. Richtig eingesetzt, beispielsweise gut gekühlt als Digestif nach einem nicht zu üppigen Essen, stelle ich mir vor, kann man dem Bier mehr abgewinnen.

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