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Der wässerige Teil der Welt

Konsequent: In Kiel wird „Moby Dick“ vorgelesen – im Schatten eines Wal-Skeletts

Von Alexander Diehl

Einen Tag und eine Nacht lang „Moby Dick“ unter einem echten Wal-Skelett: Was sich das Kieler Werftparktheater und das Zoologische Museum der örtlichen Christian-Albrechts-Universität da ausgedacht haben, wirkt schon sehr stimmig. In der Walhalle des Museums kommt Herman Mellvilles Romanklassiker aus dem Jahr 1851 zum Vortrag – beinahe komplett, die Rede ist von „einer leicht gekürzten Fassung“ Fassung – ob’s eine der beiden jüngeren, nicht ohne Schwierigkeiten in die Welt gelangten Übersetzungen ist? Dazu werden Klang- und Rauminstallationen angekündigt (was hoffentlich keine Walgesänge meint; gegen so manche esoterikkitschige Projektion kann sich der Riese der Meere ja noch weniger wehren als gegen Harpunen).

Um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren also ein 14 Meter langes, anderthalb Tonnen schweres Pottwalgerippe – und ein lange als Jugendbuch missverstandenes (und -verlegtes) Monstrum von Roman, hier nun szenisch eingerichtet von Theaterleiterin Astrid Großgasteiger.

Sicher: Es ist eine abenteuerliche Geschichte: die eines Kapitäns mit dem biblischen Namen Ahab, der im weißen Wal seine Nemesis erkannt hat und ihm zunehmend wahnsinnig nachjagt; ikonografisch unsterblich gemacht durch Gregory Peck als Ahab in John Hustons 1956er-Verfilmung.

Aber „Moby Dick“ – beziehungsweise „Moby-Dick“ – ist eben sehr viel mehr: Das Buch erzählt von des Menschen Anspruch, sich die Natur Untertan zu machen, seiner Selbstvergewisserung in Abgrenzung zum ach so Anderen, dem Tier nämlich. Die erwähnte, die jugendbuchtaugliche Handlungsebene unterbricht Melville dazu immer wieder durch essayistische Einschübe – manche handeln sogar vom Walfang.

Sa, 10 Uhr, bis So, 10 Uhr, Zoologisches Museum, Hegewischstraße 3, Kiel

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