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Kommentar PLO und IsraelDrohgebärde der Palästinenser

Kommentar von Susanne Knaul

Der PLO-Zentralrat will Israel nicht mehr anerkennen. Das ist eine Folge der Eskalation durch die USA, Israel und die Hamas.

Wut auf die israelische Besatzung: Sitzung des Zentralrates der PLO am 14. Januar in Ramallah Foto: reuters

D ie Entscheidung des PLO-Zentralrats, die Oslo-Vereinbarungen aufzukündigen, fiel mit überragender Mehrheit. Das Resultat ist nicht bindend, das macht es leicht für die Stimmberechtigten, radikal zu sein. Die Palästinenser wollen nicht länger mitmachen an dem Prozess, der sie der Erfüllung ihres Traums von der Eigenstaatlichkeit keinen Schritt näherbringt. Der Mangel an Alternativen zwingt sie, es doch zu tun.

Der Zentralrat fordert die PLO auf, die Anerkennung Israels auszusetzen, bis es „den palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 anerkennt“, die Annexion Ost-Jerusalems aufhebe und seine Siedlungsaktivitäten stoppe. Nicht zum ersten Mal wird in den Reihen der PLO die Forderung laut, den Schlüssel abzugeben an die Besatzer, und Israel die Verwaltung, die Sicherheit in den Palästinensergebieten und vor allem die Kosten dafür wieder selbst übernehmen zu lassen. Bislang vermieden es der Exekutivrat und Palästinenser­präsident Mahmud Abbas, die Drohung umzusetzen und den großen Schritt zu tun zurück in den Widerstand.

Abbas ist bekannt für sein Pathos und für große Worte, die er nicht wirklich meint. Doch nun zwingen die Hamas, US-Präsident Donald Trump und Israel den alternden Palästinenserpräsidenten mit vereinten Kräften immer stärker in die Enge. Früher oder später wird er doch aufgeben. Seit Jahren regelt Abbas die Geschäfte in Ramallah, als gäbe es kein Morgen. Die Suche nach einem möglichen Erben lehnt er ab. Damit treibt er sein Volk ins sichere Chaos.

Instabilität oder gar Anarchie bei den Palästinensern wäre auch für Israel schlimm. Abbas hielt sich strikt an seine Verpflichtung zur Gewaltlosigkeit. Nicht die Hunderte Kilometer langen Trennanlagen zwischen Israel und dem Westjordanland sind Grund dafür, dass es seit Jahren keinen großen Sprengstoffanschlag mehr gab, sondern die Sicherheitskooperation, zu der Abbas seinen Polizeiapparat mit strenger Hand anhält. Trotz innerer Machtkämpfe werden sich die Palästinenser beizeiten darauf besinnen, dass der eigentliche Feind die Besatzung ist.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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8 Kommentare

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  • Neben dem aktuellen Stand des Konfliktes in Middle East, wie Sie ihn berichten, darf man die Geschichte, die man oft in Deutschland beiseite schieben möchte, nicht vergessen. Darüber kann man in dem Intenetportal -Zukunft braucht Erinnerung- nachlesen.

     

    Eine sehr gute Rezension von Soraya Levin über Tilman Tarachs Buch -Der ewige Sündenbock kann man hier nachlesen. http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/der-ewige-suendenbock-tarach/

     

    Zitat:

     

    Tilman Tarachs „Der ewige Sündenbock“ ist nicht eines der vielen Bücher in der Reihe „Antisemitismus“. Auf Basis einer sehr detaillierten Quellenrecherche, räumt Tarach mit den grotesken und widersinnig verbreiteten Pseudofakten über Israels Schuld am Nahostkonflikt auf.

     

    Zitat Ende

  • "Trotz innerer Machtkämpfe werden sich die Palästinenser beizeiten darauf besinnen, dass der eigentliche Feind die Besatzung ist."

     

    Ach? Und ich dachte, dass die terroristischen Attentate im Westjordanland und die fortwährenden Raketenbeschüsse aus Gaza etwas mit dem "eigentlichen Feind die Besatzung" zu tun hat. Oje, was erwartet Israel, wenn sich die Palästinenser "beizeiten" jetzt darauf besinnen, wer "der eigentliche Feind" ist?

  • "[...] Volk ins Chaos [...]" "[...] Instabilität oder gar Anarchie [...]"

     

    Volk? Toll, der Begriff der Abgrenzung setzt sich weiter durch. Ist es zuviel verlangt einfach von Menschen zu reden?

     

    Und den Begriff "Anarchie" sollte die Autorin auch nochmal nachschlagen. Die Verwechslung mit "Chaos", bzw. "jeder macht was er/sie will" ist langsam mehr als peinlich, vor allem von Menschen die beruflich schreiben.

  • „Der PLO-Zentralrat will Israel nicht mehr anerkennen. Das ist eine Folge der Eskalation durch die USA, Israel und die Hamas“

     

    Interessant finde ich, dass PLO und Hamas getrennt erwähnt werden. Was ist eigentlich aus der „Gemeinsamen Regierung der Palästinenser“ geworden, die eigentlich für Fragen dieser Art zuständig wäre? Sie wurde im Jahr 2014 mit viel Rummel gegründet – und danach nicht mehr erwähnt. Im vorigen Jahr gab es wieder Bemühungen zu deren Wiederbelebung. Ebenfalls erfolglos.

     

    Das Problem ist doch nach wie vor, dass sich jede der beiden Organisationen selbst als die einzig legitime Vertretung aller Palästinenser versteht und von der anderen Seite mehr oder weniger offen fordert, dies anzuerkennen. Man will zwar die Einheit, aber natürlich nur unter der jeweils eigenen Führung.

     

    So kann Netanjahu auch weiterhin Verhandlungen mit den Palästinensern ablehnen, u. a. mit der simplen Ausrede, er wüsste nicht, wer Ansprechpartner für alle Palästinenser wäre!

    • @Pfanni:

      "Das Problem ist doch nach wie vor, dass sich jede der beiden Organisationen selbst als die einzig legitime Vertretung aller Palästinenser versteht und von der anderen Seite mehr oder weniger offen fordert, dies anzuerkennen. "

       

      Aber nicht, weil sich die jeweiligen der beiden Organisationen für kompetenter halten, die Interessen zu vertreten, oder um das Wohl der Palästinenser besorgt sind, sondern weil Macht und Geld bedeutet.

    • @Pfanni:

      "Das Problem ist doch nach wie vor, dass sich jede der beiden Organisationen selbst als die einzig legitime Vertretung aller Palästinenser versteht und von der anderen Seite mehr oder weniger offen fordert, dies anzuerkennen. "

       

      Aber nicht, weil sich die jeweiligen der beiden Organisationen für kompetenter halten, die Interessen zu vertreten, oder um das Wohl der Palästinenser besorgt sind, sondern weil Macht und Geld bedeutet.

  • Es zeigt einzig, dass die Anerkennung Israels keine grundsätzliche Haltung der politischen Klasse der PLO , sondern eine taktische Spielerei ist.

     

    An einer Intifada, gar der herbeigeschriebenen Wut der "arabischen Strasse" hat allerdings die Bevölkerung gar kein Interesse, wie man die letzten Wochen gesehen hat.

     

    Wer, ausser dem Iran und der Türkei, hat denn noch Lust, sich da einzumischen und zu zündeln? Weder Ägypten, noch die Golfaraber. Und das ist einzig ein Ergebnis der harten Hand Trumps.

  • 100% Zustimmung Frau Knaul, das ist die einzige Möglichkeit die mir einfällt, um Bewegung in die Sache zu bringen.

     

    Mögen Sie hundert Jahre leben. :-;