Anna Lehmann über Flüchtlinge und Kriminalität
: Argument für Familiennachzug

Flüchtlinge sind eine Bedrohung! Dieses rechte Denkmuster erhält nun scheinbar neue Nahrung. Eine aktuelle Studie zeigt, dass der Anstieg der Gewaltkriminalität in Niedersachsen zu 92,1 Prozent Flüchtlingen zuzurechnen ist. Aber auch unter Linken gibt es immer wieder die Bereitschaft, einen kausalen Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalität zu akzeptieren. Zweifel an platten Weisheiten à la „Muslime sind nun mal frauenfeindlich“ werden schnell als weltfremdes Gutmenschentum abgetan.

Dabei lohnt sich die vertiefte Lektüre der aktuellen Studie, welche auf der jüngsten BKA-Kriminalitätsstatistik basiert. Flüchtlinge aus Nordafrika sind überproportional häufig tatverdächtig, gerade bei Gewalt und Sexualdelikten. Als Hauptursache für dieses Phänomen nennen die Autoren der Studie nun aber nicht in erster Linie die Machokultur der Herkunftsländer. Denn wie ließe sich auch erklären, dass die tunesische Gesellschaft so viel patriarchaler geprägt sein soll als die afghanische? Ausschlaggebend seien vielmehr das Anzeigeverhalten – Straftaten von Ausländern werden viel häufiger angezeigt – und der Aufenthaltsstatus der Tatverdächtigen. Wer eine sichere Bleibeperspektive hat, und das ist bei Menschen aus Syrien, Afghanistan und Irak viel häufiger der Fall, verhält sich angepasster und friedlicher.

Ein weiterer Faktor: Die Mehrheit der Flüchtlinge sind junge Männer, die ohne Frauen, Mütter und Schwestern in Deutschland leben. Der Kriminologe Christian Pfeiffer sieht die Studie denn auch als kriminologische Begründung für die Forderung nach Familiennachzug. Weltfremde Spinnerei? Eher gesunder Menschenverstand. Wer stabile Beziehungen und gute Zukunftsaussichten hat, wird seltener straffällig, das gilt auch für Inländer. Die Kriminalität von Ausländern und Deutschen wird von denselben Faktoren begünstigt. Sie ist keine Frage der Nationalität, auch dazu gibt es Untersuchungen. Aufgabe der Linken sollte es deshalb sein, für eine bessere Integration von Flüchtlingen, zuvorderst für den Familiennachzug, zu streiten, anstatt den Rechten nach dem Mund zu reden.

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