Schullandheim ist pleite: Klassenfahrt mit Insolvenzverwalter
Das Schullandheim Puan Klent auf Sylt ist in finanzielle Not geraten, auch Sponsoren konnten das Haus nicht retten. Nun sucht ein Insolvenzverwalter Lösungen.
Generationen von Hamburger Kindern kennen diesen Ort und sei es nur aus Erzählungen der Geschwister und Freunde. Denn von allen Unterkünften für Klassenreisen am Meer scheint Puan Klent, an der Südspitze Sylts, mit die schönste. So ging denn auch ein kleiner Aufschrei durch die Stadt, als kurz vor Weihnachten bekannt wurde, dass die Stiftung, die das Schullandheim betreibt, Insolvenz angemeldet hat.
„Das war dort voll cool“, schwärmt die zehnjährige Anna*. „Wir haben viel mit den anderen gespielt, auch mit den Jungs. Wir sind uns nähergekommen, haben Fußball gespielt und sind abends noch zum Strand gegangen.“ Auch baden durfte sie, wenn die Lehrer dabei waren. Sie würde gern auch anderen gönnen, dort einmal hinzufahren.
„Es ist ein großes Gelände, wo Kinder Spaß haben können“, sagt Peter Klix, der Stiftungsvorsitzende. Auf beiden Seiten ist Meer, in dem man baden kann, es gibt kaum Autoverkehr, so dass die Kinder unbeaufsichtigt herumtoben können. Vom Gebäudekomplex, der zum Teil aus den 1920er-Jahren stammt, führt ein Weg in fünf Minuten zur Westküste der Insel, wo die Wellen auf den Strand branden.
Klassenreisen, Jugendreisen – auch für 2018 ist die Anlage mit ihren 396 Betten schon zu 90 Prozent ausgebucht. Dennoch ist die Stiftung in finanzielle Not geraten. „Wir haben wie alle Hotels auf der Insel das Problem, dass wir hohe Löhne zahlen müssen“, sagt Klix. Um das Personal zu halten, sei es ganzjährig beschäftigt, so dass auch in den Wintermonaten Oktober bis März hohe Fixkosten anfallen.
Der Standort des heutigen Jugendgästehaus ist ein ehemaliges Marine-Lager aus dem ersten Weltkrieg.
Das erste Jugendferienlager entstand dort 1919. Der Name stammt von der Düne Pauls Kliff. Ein Verwaltungsausschuss des Hamburger Jugendverbands erwarb das Gelände.
In eine Stiftung wurde das Vermögen1937 überführt, um es vor nationalsozialistischen Organisationen zu bewahren.
Zudem sind einige Gebäude sanierungsbedürftig, vor allem das „Mädchenhaus“ aus den 1920ern. Hierfür stehen 15 Millionen Euro Bundesmittel bereit, für die sich der Hamburger SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs stark gemacht hat. „Sylt gilt immer als teuer und exklusiv. Puan Klent zeigt, dass sich auch Hamburger Jugendliche einen Urlaub auf dieser Insel leisten können“, schrieb Kahrs dazu in einer Pressemitteilung.
Damit die Mittel fließen konnten, brauchte das Haus ein besonderes Konzept der Kinder- und Jugendarbeit. Die Stiftung entschied sich für den Schwerpunkt Inklusion, und war darüber schon seit Längerem mit der Sozialbehörde im Gespräch.
Doch dann stellte sich heraus, dass es finanzielle Engpässe gibt und der Betrieb ohne Überbrückungsfinanzierung nicht erhalten werden kann. „Wir hatten 2016 und 2017 rund 46.000 Übernachtungen, weil Feiertage ungünstig lagen. Wir brauchen 50.000 im Jahr“, erläutert der Stiftungsvorsitzende Klix.
Nach einem Gespräch mit der Senatskanzlei kam man darauf, die „Marke Puan Klent“ neu zu erfinden, mit neuem Logo und der Werbung bei neuen Zielgruppen, wie Hochschulgruppen, die auch im Winter kommen.
Zudem gab es Gespräche mit der Sozialbehörde über einen einmaligen Zuschuss von 170.000 Euro und ein Darlehen über 270.000 Euro. Doch die für Anfang Dezember geplante Unterzeichnung einer Vereinbarung wurde abgesagt. Die Behörde sah Probleme, weil im Grundbuch von Puan Klent bereits ein Kredit eingetragen ist und die Stadt bei der Besicherung des Grundstücks nicht an erster Stelle stünde.
Ersatzweise habe man nun eine andere Finanzierung gesucht und Sponsoren gefunden, berichtet Peter Klix. 100.000 Euro habe ein Sponsor geben wollen, ein anderer 15.000 Euro, ein weiterer 50.000 Euro als zinsloses Darlehen. Die Bedingung sei, dass die Sozialbehörde den besagten 170.000-Euro-Zuschuss noch dazugibt. Mit dem Geschäftsplan wäre es möglich, ab 2019 eine „schwarze Null zu erreichen“, so Klix.
Nach einer erneuten Prüfung durch die Sozialbehörde sagte diese den Zuschuss in der vergangenen Woche ab. „Es war uns rechtlich nicht möglich, eine Zuwendung zu geben“, sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer. „Angesichts der wirtschaftlichen Lage der Stiftung durfte die Stadt nicht mehr helfen.“
Nun ist ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Und auch die Sozialsenatorin und Politiker wollen helfen und vermitteln. Für SPD-Fraktionschef Andreas Dressel ist Puan Klent ein „biografisches Thema“. Sein Großvater war in den 60ern und 70ern Vorsitzender der Stiftung. „Und ich war als Kind lange dort.“ Auch Dressel spricht vom „Sehnsuchtsort für viele Hamburger“. Es sei „ein Jammer“, wie die Geschichte gelaufen sei. Schuldzuweisungen brächten nichts: „Nun müssen alle miteinander gucken, wie eine Restrukturierung erfolgen kann“, sagt der SPD-Politiker.
Die Insolvenz ist ein zweistufiges Verfahren. Erst in ein paar Monaten wird die eigentliche Insolvenz eröffnet. „Wenn es gelingt, die Finanzierungslücke bis dahin zu schließen, kann der Insolvenzantrag noch zurückgezogen werden“, sagt Klix.
Auf der Homepage des Landschulheims steht inzwischen: Trotz des Insolvenzantrags gehe man einvernehmlich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter davon aus, dass der Betrieb auch im neuen Jahr 2018 „wie geplant durchgeführt werden kann“. Alle Buchungen seien weiterhin gültig, schreibt das Puan-Klent-Team. „Auch neue nehmen wir gerne entgegen“.
*Name geändert
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