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Appell an die Fansauf der Couch

Mainz 05 kämpft gegen die abnehmende Zuschauergunst an. Die Außendarstellung des Klubs und die Darbietungen der Profis sind mau

Es gibt auch volle Mainzer Tribünen: Auf die Ultras ist auch hier Verlass Foto: reuters

Aus Mainz Frank Hellmann

Es hat am Montag zur Mittagszeit gedauert, bis auch Rouven Schröder auf der obligatorischen Pressekonferenz des FSV Mainz 05 an der Reihe war. Seine Worte zum anstehenden DFB-Pokalachtelfinale gegen den VfB Stuttgart (Dienstag, 18.30 Uhr) hatte sich der Sportvorstand da längst überlegt. „Wir fiebern alle darauf hin. Wer Mainz 05 im Herzen trägt, kommt ins Stadion. Von der Couch kann man seinen Verein nicht unterstützen.“ Und damit es auch wirklich jeder verstanden hatte, legte der gebürtige Sauerländer noch einmal nach: „Das ist ein Appell an alle, die noch keine Karte haben.“

Zum ersten Male seit fünf Jahren bietet sich den Rheinhessen wieder die Chance, ins Viertelfinale des nationalen Cup-Wettbewerbs vorzustoßen, aber die Begeisterungsfähigkeit im Umfeld hält sich in Grenzen. Erst 20.000 Karten sind bislang verkauft, wobei das Gäste-Kontingent komplett vergriffen ist. Die Heimmannschaft kämpft indes um jeden Zuschauer. „Wir wollen eine besondere Atmosphäre herstellen – für die Leute, die da sind“, versprach Trainer Sandro Schwarz, der eine „außergewöhnliche Chance als Klub“ sieht, um sich kurz vor Heiligabend eine vorgezogene Bescherung zu bereiten.

Bereits vor einer Woche war die Heimpartie gegen Borussia Dortmund nicht ausverkauft. Befindet sich der Bundes­ligist, den ja durchaus ein unverwechselbares Profil kennzeichnet, in einem schleichenden Entfremdungsprozess, zumal sich das Image als selbst ernannter Karnevalsverein irgendwie verbraucht hat?

Der Geschäftsführer Dag Heydecker empfiehlt eine differenzierte Betrachtung. Im Vorjahr lag der Besucherschnitt bei 28.600, aktuell sind es rund 28.000. „Wir haben in der vergangenen Saison in der Zuschauertabelle Platz elf belegt, vor Leverkusen, Augsburg oder auch Hoffenheim, die eine sehr erfolgreiche Saison gespielt haben. Unsere Zuschauerzahlen sind für eine Stadt wie Mainz mit knapp 180.000 Einwohnern in Ordnung, auch wenn es Partien gibt, bei denen wir gern mehr Zuschauer hätten.“

Als die Nullfünfer 2011 von der blechernen Spielstätte am Bruchweg in die moderne Arena am Europakreisel mit ihren 34.000 Plätzen umzogen, lockte nicht nur der Reiz des Neuen, sondern das Team des damaligen Trainers Thomas Tuchel sorgte auch für gute Unterhaltung. In der ersten Spielzeit lag der Schnitt bei fast 33.000. Längst ist ein Gewöhnungseffekt eingekehrt. Und es sah oft nicht prickelnd aus, was die Profis zuletzt anboten. „Das beste Marketing findet immer noch auf dem Platz statt“, betont Heydecker.

Hinzu kam die schlechte Außendarstellung mit den Irritationen um die Entlohnung des langjährigen Präsidenten Harald Strutz und die Querelen um den inzwischen bereits wieder zurückgetretenen Nachfolger Johannes Kaluza. „Es braucht sportlichen Erfolg und eine klare Führungsstruktur, um ein Image positiv zu besetzen. Unser Außenbild muss wieder ruhiger werden“, verlangt Heydecker. Wie die Marke Mainz 05 mittelfristig positioniert wird, kann frühestens im neuen Jahr besprochen werden, wenn im Januar ein neues Oberhaupt gewählt und im Februar der ehemalige DFL-Manager Jan Lehmann als zweiter Vorstand angetreten ist. Im besten Fall fiebert Mainz dann auf das Pokalviertelfinale am 6./7. Februar hin.

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