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Konsulat verfolgt Verfahren gegen angeblichen FlaschenwerferMoskau interessiert an G20-Prozess

Beweise, dass der 21-jährige Russe Konstantin P. während des G20-Gipfels Flaschen auf Polizisten geworfen hat, gibt es nicht. Heute soll es ein Urteil geben.

Ohne Beweise: Wer wann wo was geworfen hat, kann die Anklage in vielen G20-Prozessen nicht eindeutig belegen, so auch im Fall des Russen Konstantin P. Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Der Prozess gegen den G20-Gegner Konstantin P. sorgte von Anfang an für Aufsehen. „Es ging recht turbulent zu“, bestätigt ein Gerichtssprecher. Zahlreiche Unterstützer des Angeklagten seien im Gerichtssaal gewesen. Und auch der russische Staat verfolgte den Prozess mit auffallend großem Interesse: Der russische Konsul selbst nahm an der Verhandlung teil – und er wurde am zweiten Verhandlungstag von den Zuschauern aus dem Saal gedrängt. Denn Konstantin P. wollte keine Unterstützung durch das Konsulat.

Die Verteidigung wollte den Konsul vom Prozess ausschließen und stellte einen entsprechenden Antrag. Der wurde von der Prozessleitung abgelehnt. Es habe keinerlei Rechtsgrundlage gegeben, jemanden vom Prozess auszuschließen, der nicht als Zeuge in Betracht kam. Das gelte auch für einen Konsulatsbeamten, heißt es vom Gericht. Letztendlich habe der Beamte keinen Gebrauch von seinem Recht gemacht, an dem Prozess teilzunehmen.

Für P.s Verteidiger war das enorme Interesse des russischen Konsulats an dem Fall auffällig. Dass das Konsulat informiert wird, sobald ein russischer Staatsbürger in Deutschland festgenommen wird, auch wenn dieser konsularischen Beistand nicht wünscht, ist durch eine gesetzliche Vereinbarung geregelt. Normalerweise sind laut Wiener Konvention Auslandsvertretungen dann zu informieren, sofern der oder die Verhaftete dies verlangt. Im Fall von Konstantin P. ging das Konsulat noch weiter und forderte Auskunft zu der Anklage. Das bestätigte auch die Staatsanwaltschaft.

Dass der Konsul tatsächlich persönlich die Zeit aufbringt, vor Gericht anwesend zu sein, hat P.s Verteidiger Kienzle in zehn Jahren Strafverteidigung nicht erlebt. Zu den Befürchtungen seines Mandanten könne er nichts sagen, zu seinen eigenen aber sehr wohl: „Natürlich gibt es da die Befürchtung, dass Repression vom russischen Staat ausgeht“, sagt er.

Konstantin P. soll an den Krawallen während des G20-Gipfels im Schanzenviertel beteiligt gewesen sein. Die Vorwürfe gegen den jungen Russen lauteten zu Beginn des Prozesses am Amtsgericht Hamburg: Versuchte gefährliche Körperverletzung und Widerstand bei der Festnahme. Seit zwei Wochen ist P. wieder auf freiem Fuß – nach einem Antrag, der sowohl von P.s Verteidigern als auch von der Staatsanwaltschaft gestellt wurde.

Die versuchte Körperverletzung wurde nach bisheriger Beweisaufnahme nicht bestätigt, heißt es vom Gericht. Und trotzdem: Konstantin P. saß vier Monate lang im Gefängnis.Das einem so jungen Menschen zuzumuten hält seine Verteidigerin Fenna Busmann für fragwürdig. Und das gelte für alle ähnlichen Fälle, bei denen junge Menschen während des G20-Gipfels festgenommen wurden.

P.s Festnahme erfolgte am Abend des zweiten Gipfeltages. Am 8. Juli soll er gegen 23 Uhr an der Ecke Kampfstraße/Schanzenstraße zwei Flaschen auf Polizeibeamte geworfen haben, sagt ein Gerichtssprecher. Getroffen wurde niemand.

Im Fall von Konstantin P. forderte das russische Konsulat Auskunft zu der Anklage. Das bestätigte auch die Staatsanwaltschaft

Zweifelhafte Zeugen

Die Verteidigung geht davon aus, dass der Flaschenwerfer jemand anders war. Die Identifizierung habe lediglich anhand von hellen Schuhen stattgefunden. „So kann man einfach niemanden identifizieren“, sagt Busmann. Die Haftbefehle, die während des Gipfels verhängt wurden, stützten sich meist auf mögliche Fluchtgefahr, erklärt die Verteidigerin. Doch P. kam direkt am Tag nach seiner Freilassung zum nächsten Verhandlungstermin.

Heute wird wieder verhandelt und zwar nur noch der Vorwurf des Widerstandes bei der Festnahme. Geklärt werden müsse, ob das Jugendstrafrecht angewandt wird. „Dann wird es höchstens eine Kleinigkeit geben wie eine Verwarnung“, sagt die Verteidigerin Fenna Busmann. Ist das nicht der Fall, sei mit einem Urteil von etwa 30 Tagessätzen Geldstrafe zu rechnen. P.s Verteidigung hält einen Freispruch für durchaus realistisch.

Die Verteidigung hat ihr Ziel erreicht: „Wir wollten ihn da rausholen“, sagt Busmann. Für sie ist der Fall weiterhin spannend. Es gebe die Vermutung, dass die fünf als Zeugen vernommenen Polizeibeamten als solche ungeeignet seien. Die Vernehmung sei anfangs sehr zäh gewesen, sagt Busmann. Die Polizisten hätten nicht auf die gestellten Fragen antworten wollen. Außerdem sei vor Gericht ausgesagt worden, dass die Polizisten vor ihrer Vernehmung Zugang zu den Aussagen ihrer Kollegen hatten und ihre eigene Aussage so darauf abstimmen konnten, erklärt sie.

Die Polizisten sollen am heutigen Verhandlungstag weiter vernommen werden. Dass ein Urteil gesprochen wird, sei wahrscheinlich, heißt es vom Gericht.

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