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Stefan Alberti freut sich über die neue „Danke“-Aktion und hofft, dass es nicht bei Ideellem bleibtWider die Berliner DNA

Danke! Foto: Regentaucher

Zeit, einfach mal Danke zu sagen? Ist vielleicht ein bisschen arg spät geworden an diesem Montagabend, träumt man gar schon? Denn was da jetzt auf dem Bildschirm in der U8 zu sehen war, das war ja wider die Berliner DNA. Danke sagen? Mal nicht mosern? Mal lächeln? Mal nicht wechselweise über Senat, BVG, BSR schimpfen? Mal die loben, die oft für wenig Geld einen guten Job machen? Nee, das muss Einbildung gewesen sein.

Ist es aber nicht, denn tags darauf, am gestrigen Dienstag, gab es dann sogar einen offiziellen Pressetermin, bei dem Innensenator Andreas Geisel von der SPD genau so eine Aktion vorstellte: „Zeit, einfach mal Danke zu sagen!“, eine Idee der Landeskommission gegen Gewalt. Danke sagen an Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamtsmitarbeiter und Lehrer. Babette B. ist da etwa abgebildet mit dem Hinweis, dass sie Minderjährige durch 700 Jugendschutzkontrollen pro Jahr schützt. Oder Sarah E., Polizistin, die laut Plakat Friedrichshains Nachtleben sieben Tage die Woche sicherer macht. Wobei da die Frage ist, was Personalrat und Gewerkschaft zu solchen Arbeitszeiten sagen.

Das ist ja erst mal eine richtig gute Sache. Wer freut sich nicht im Alltag selbst über eine Kleinigkeit wie ein Handzeichen oder eine Lichthupe, wenn man mal den anderen vorgelassen hat. Wer kann von sich sagen, dass ihn oder sie ein begeistertes Feedback vom Chef kaltlässt? Warum also nicht wirklich jenen mal Danke sagen, die im Kern dafür sorgen, dass dieser Alltag funktioniert auf den Straßen oder in den Schulen?

Die Sache ist bloß: All diese Mitarbeiter würden sich wahrscheinlich noch mehr freuen, wenn sie nicht nur ein ideelles „Danke“ zu hören bekommen, sondern auch eine spürbare Wertschätzung ihrer Arbeit: mehr Kollegen, um endlich mal Überstunden abfeiern zu können, statt aufschreiben zu müssen. Bessere Ausrüstung gerade bei der Polizei. Mehr Geld, um nicht immer denken zu müssen, in ihrem Job in Berlin am falschen Ort zu sein.

Ja, der Senat hat zugesichert, dass Polizisten bessere Schutzwesten bekommen, dass die Beamtenbesoldung steigt, dass mehr Kollegen kommen. Aber das muss auch passieren. Sonst denken sich die, denen wir Danke sagen sollen, dass diese Plakate und Video-Clips am Ende nur eine billige Methode sind, sich um die versprochenen Verbesserungen zu drücken.

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