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Das Rauchige kommt vom Torf

Auch in Norddeutschland stellen Brennereien heute professionell Whisky her. Der Geschmack entsteht beim Trocknen des Gerstenmalzes und in den Fässern, wo er reift

Von Morten Luchtmann

In Emstek bei Cloppenburg gibt es weder Steilküsten noch Highlands. Doch die Böen des Atlantik pfeifen auch über das Oldenburger Land. Wie die Region schmeckt? „Fruchtig-elegant“, sagt der Emstecker Whisky-brenner Jens Lübbehusen, „mit einem Hauch von Rauch und Wind.“

Seit zehn bis zwanzig Jahren sei Whisky im Trend, sagt Hans-Gerhard Fink, Präsident des deutschen Whisky-Verbands. „In Deutschland beschäftigen sich etwa 300 Brennereien mit Whiskey“, schätzt Fink. Strukturell bedingt gebe es in Süd- und Mitteldeutschland zwar mehr Brennereien. Aber auch Norddeutschland hat seit ein paar Jahren eigene Whiskys.

Seit September 2014 stellt Jens Lübbehusen in seiner Emsteker Manufaktur seinen eigenen Single Malt Whisky her: Zunächst destilliert er aus Gerstenmaische Alkohol. Damit daraus Whisky wird, muss das Destillat aber noch drei Jahre in Holzfässern lagern – anfang 2018 will der 44-Jährige die ersten Flaschen verkaufen. „Ich habe schon Vorbestellungen aus ganz Deutschland“, sagt Lübbehusen.

Die rauchige Note seines Whiskys entstehe, wenn das Gerstenmalz über einem Torffeuer getrocknet wird. Bisher bezieht er dieses Gerstenmalz noch aus Schottland. Er arbeite aber an einer regionalen Lösung: „Torf“, sagt er, „gibt es auch in Niedersachsen.“

50 Kilometer weiter westlich, in Bremen, kann man schon seit zwei Jahren einen echten Bremer Whisky kaufen. „Der aktuelle Jahrgang ist leider schon ausverkauft“, sagt Birgitta Schulze van Loon. Sie hat sich 2011 in Bremen als Destillateurin selbstständig gemacht und zunächst mit Obstbränden angefangen. 2012 kam dann Whisky dazu.

„Mich begeistert der komplexe Prozess der Reifung im Fass“, sagt Schulze van Loon. Fassgröße und -art seien wichtige Faktoren. „Und auch was vorher in den Fässern drin war.“ Das gebe dem Whisky seine Bandbreite. Sie selbst benutzt Rotwein- und Bourbon-Fässer zur Lagerung und gibt ihrem Produkt zum Schluss die letzte Note: in ungarischen Süßweinfässern.

Die Bremerin ist eine der wenigen Frauen im Brennereigewerbe. Sie möchte „Whisky für Anfänger“ anbieten und das Thema auch Einsteigern vermitteln: „Für viele Menschen gibt es nur irischen und schottischen Whisky.“ Das will sie ändern. Sie renoviert in Bremen gerade ein altes Brauereigebäude, um darin ihren Whisky zu lagern und noch mehr Führungen und Verkostungen anzubieten.

„Die Menschen wollen wissen, wie Whisky hergestellt wird“, sagt Schulze van Loon: „Sie sollen ins Gerstenmalz rein greifen, den Alkohol und die Fusel-Öle bei der Produktion riechen und zum Schluss den fertigen Whisky schmecken können“.

Dass Alkoholherstellung nicht nur in Süddeutschland eine lange Tradition hat, zeigt die Wismarer Spirituosen-Brennerei Hinricus Noytes. Sie ist benannt nach einem Wismarer Brauherrn aus dem Jahr 1654. „Die Hansestadt Wismar war früher wegen ihres Braugewerbes sehr bekannt“, sagt Stefan Beck, Braumeister und Miteigentümer der Destillerie.

„Zunächst fing es damit an, dass wir 2002 die Mumme nachgebraut haben“, sagt Beck. Mumme, so hieß das Wismarer Bier im 17. Jahrhundert. „In dem Prozess haben wir auch mit Bierbrand experimentiert und sind zu Whisky übergegangen.“ Lässt man nämlich den Hopfen beim Bier außen vor, hat man die Zutaten für Whisky.

Auch im Ausland sei man von der Qualität des Wismarer Whiskys überzeugt: Über die Kreuzfahrtschiffe, die in Lübeck und Wismar anlegen, kämen viele Briten und Amerikaner in seine Destillerie, erzählt Beck. Einige Flaschen seien so schon über den Atlantik gegangen.

Dass Whiskygenuss kein kurzlebiger Trend ist, glaubt auch Verbandspräsident Fink: „Mit einem schönen Glas Whisky können Menschen der Hektik des Alltags entfliehen“, findet er. Im Leistungsdruck und beim ständigen Beantworten von Nachrichten suche der Mensch nach Pausen der Zeitlosigkeit, so Fink – das werde auch in Zukunft so sein.

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