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Verdacht gegen Silvio BerlusconiWenn der Mafiaboss plaudert

Die Staatsanwaltschaft ermittelt Medien zufolge erneut gegen den konservativen Ex-Regierungschef Italiens. Er soll Bombenanschläge veranlasst haben.

Ob Berlusconi bald noch so viel zu lachen hat? Foto: ap

Rom taz | Es ist ein ungeheuerlicher Verdacht: Nach übereinstimmenden Medienberichten muss sich Silvio Berlusconi in einem neuen Ermittlungsverfahren verantworten. Im Jahr 1993 soll er bei der sizilianischen Mafia eine Serie von Bombenanschlägen in Auftrag gegeben haben, die insgesamt zehn Menschen das Leben kostete. Dies jedenfalls legen den Berichten zufolge abgehörte Gespräche eines inhaftierten Mafiabosses nahe.

In jenem Jahr gingen in Rom nahe einer Kirche, in Mailand vor einem Museum und in Florenz nahe den Uffizien drei Sprengsätze hoch. In Mailand ebenso wie in Florenz waren je fünf Opfer zu beklagen. Diverse Mafiabosse wurden wegen der Planung und Ausführung der Attentate verurteilt. Doch schon früh kam der Verdacht auf, dass die Cosa Nostra nicht auf eigene Rechnung, sondern im Dienste externer Auftraggeber gehandelt hatte, auch aufgrund der Aussage von Kronzeugen aus den Reihen der Mafia.

Schon von 1996 an und bis 2011 ermittelten deshalb die Staatsanwaltschaften Caltanissetta und Florenz gegen Berlusconi und dessen engen Mitarbeiter Marcello Dell’Utri. Doch am Ende verliefen die Untersuchungen im Sand, weil sich keine handfesten Beweise finden ließen, dass Berlusconi auf diesem Wege Italiens weitere politische Entwicklung – im Jahr 1994 gewann er erstmals die Parlamentswahlen – beeinflussen wollte.

Doch nun hat die Staatsanwaltschaft in Florenz offenbar erneut Ermittlungen aufgenommen. Denn im Mai 2016 hatten die Fahnder ihre Richtmikrofone eingeschaltet, als der Cosa-Nostra-Boss Giuseppe Graviano im Gefängnis mit einem Kollegen von der Camorra parlierte. Graviano beschwerte sich bitter. „Berlusconi hat mich um einen Gefallen gebeten, deshalb war die Sache dringend“, sagte der seit 1994 einsitzende Mafioso. „Ich habe für deinen (Berlusconis, die Red.) Wohlstand gesorgt, dann widerfährt mir ein Unglück, und du stichst mir in den Rücken.“

Ein schlechter Zeitpunkt

Anschließend stößt Gravia­no Drohungen aus. „Ich lasse ihn üble Altersjahre verbringen, diesen Gehörnten, erzähl doch mal, wieso du es an die Regierung geschafft hast, erzähl, dass du schändliche Dinge getan hast. Seine Huren bezahlt er jeden Monat. Ich hab bis jetzt auf dich gewartet, und du lässt mich im Gefängnis verrecken.“

Das neue Verfahren der Staatsanwaltschaft Florenz trifft Berlusconi zu einem Zeitpunkt, in dem er wieder voll in der römischen Politik mitmischt. Im Jahr 2013 war er wegen Steuerbetrugs rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Zwar musste er keinen einzigen Tag absitzen, sondern nur ein paar Sozialstunden leisten, doch zugleich wurden ihm der Sitz im Senat und das passive Wahlrecht entzogen. Damals schien Berlusconi politisch erledigt.

Im Mai 2016 hatten die Fahnder ihre Mikrofone eingeschaltet, als Mafioso Giuseppe Graviano im Gefängnis über Berlusconi parlierte

Auch bei den nächsten Parlamentswahlen kann er nicht antreten, doch seine Forza Italia liegt in den Umfragen wieder bei 15 Prozent, der gesamte Rechtsblock hat mit 35 Prozent mittlerweile die Nase vorn sowohl vor dem Mitte-links-Lager als auch vor Beppe Grillos 5-Sterne-Bewegung. Ausgerechnet Berlusconi macht Propaganda für sich mit dem Argument, recht eigentlich sei er das Bollwerk gegen Grillos „Populisten“.

Angesichts der Tatsache, dass nach den im März oder April 2018 anstehenden Wahlen wohl kein politisches Lager die absolute Mehrheit haben wird, gilt in Rom das Szenario einer Koalition zwischen Matteo Renzis Partito Democratico (PD) und Forza Italia als durchaus plausibel. Berlusconi wäre damit wenigstens in die Rolle des Königsmachers zurückgekehrt.

Schaden können ihm jetzt nur noch die Staatsanwälte aus Florenz. Doch auch sie müssen beweisen, dass der Boss Gravia­no die Wahrheit gesagt hat. Schließlich ist auch eine andere Variante denkbar: dass der Mafioso Berlusconi anschuldigte, um ihm gezielt zu schaden – im besten Wissen, dass seine Knastgespräche abgehört werden.

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8 Kommentare

 / 
  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Die Existenz der sog. Geheimloge P2 ist wohlbekannt und Berlusconis (ehemalige) Mitgliedschaft wurde gerichtlich festgestellt. Sie steht auch in Verbindung mit dem Anschlag von Bologna und anderen Anschlägen der "Roten Brigaden", die zu diesem Zeitpunkt von Geheimdiensten, Rechtsextremen und der Loge P2 kontrolliert wurden.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Propaganda_Due#Mitglieder_oder_Personen_mit_Kontakten_zur_P2 https://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung_(Italien)

  • Es fehlen einfach , und das nicht nur in Italien, starke und GUTE Führungsfiguren ! Berlusconi ist ein harter Knochen alter Schule und kann ungeniert weiter machen ! Er wurde zu Gefängnis verurteit, ist ein annerkannter Betrüger und in sachen Frauen mit Sicherheit ähnlich gestrickt wie Harvey Weinstein ... ( es errinnert mich ganz stark an die Kausa Hoenes ).Wenn es Menschen in einem Land gibt die so einem 81 Jährigen Vampier noch das Vertrauen aussprechen, frage ich mich : Was macht eigentlich die jetzige Regierung ? Sind sie Handlungsunfähig weil sie angst vor der Mafia haben oder sind sie auch schon zu sehr in den Schmiergeldsumpf eingesackt ? Schau ich mich auf dem EU Parkett um wird mir angst und bange..... in Spanien krieselt es gewaltig, die Briten sind dabei sich in eine Wirtschaftspolitische Zwickmühle zu begeben, die Griechen steuern ungebremst auf die nächste Finanzkrise zu, Ungarn, Tschechien und Polen sulen sich in ihrer sauberen rechtslenkerei, Frankreich versucht irgendwas und Deutschland rudert in Richtung Rollstuhlkoalition .... Und wer Profitiert davon ? Es sind diejenigen die diese Zeitung nicht lesen !

  • Blind gegen Lahm dachte im beim Lesen des Artikels. Der Mafioso will an einer Kronzeugenregelung mit Blick auf den Tausendsassa Berlusconi interessiert sein.

    Dachte, Berlusconi lebt gar nicht mehr.

     

    Wenn's nicht so armselig wäre, müsste ich lachen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Pink:

      "Dachte, Berlusconi lebt gar nicht mehr."

       

      Scheint 's doch.

      Sollte das Pressefoto einigermaßen aktuellen Datums sein, eigentlich nicht mehr wirklich.

  • "Wenn der Mafiaboss plaudert" ?

     

    Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.

     

    Kapital und Privatvermögen in Höhe von Multimillionen und Milliarden beruhen ausschließlich auf juristisch-strafrechtlich gesäuberten “Mafiamethoden“!

     

    Der Unterschied zu den italienischen und amerikanischen Mafiamethoden besteht lediglich darin, dass der bundesdeutsche Staat und die gebeugte Justiz, diese praktizierten Mafiamethoden besser verschleiern kann.

     

    Nicht umsonst zieht es das internationale Mafia-, Drogen, Korruptions- und IS-Geldwäschekapital [u.a. aus IS-Saudi-Arabien und Katar] bevorzugt für rechtlich legalisierte Kapitalanlagen nach Deutschland. Den kriminalistischen Fahndern ist diese Tatsache wohl bekannt. Aber ihnen werden aus dem Anlagekapital, der Aktien-Dividenden- und Lobbypolitik die Hände gebunden. Siehe doch hierzu auch nur die kriminellen und legalisierten Mafiamethoden aus der hessischen Politik, gegen die angeblich psychotischen Steuerfahnder.

     

    Merke: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. So auch bei Mafiamord und Totschlag.

     

    T. J. Dunning:

     

    "Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinen Profit, wie die Natur vor der Leere.

     

    Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher , und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel."

     

    (Kapital, Bd I, Siebenter Abschnitt: Der Akkumulationsprozess des Kapitals. Marx-Engels-Werke 23, S. 788, 1867. Marx hat aus der Zeitschrift (?) "Quarterly Reviewer" einen T. J. Dunning, I.c.p.35,36, zitiert, von dem diese Sätze stammen. Marx hat sie in einer Fußnote angeführt.)

     

    Wo steht die Justiz und Politik der BRD und EU? - wäre die Frage!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Foto: ap

     

    Das soll Berlusconi sein? Nie und nimmer!

     

    Sieht doch eher aus wie ein gefalteter und tiefgefrosteter Zombie.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Jau . "....Glomse ...mediamultiple Ölpfütze von Mann"

      (- aus der Spardose!;)

  • Tja - da könnte deutlich mehr bei - Rausschauen!

     

    Als "Pfannen-Silvio" - wa!

    kurz - "Basta Berlosconi!" https://www.youtube.com/watch?v=4jXlwmqhCwY

    & https://goo.gl/images/XKXnZs

    &

    (ps btw only - http://www.taz.de/!5200867/ ;)