wie machen sie das?: Der Auto-Bezwinger
Patrick Vobis, 35, radelt seit neun Jahren als Fahrradkurier durch Berlin. 2009 gründete er mit Kollegen das erste Kurierkollektiv der Stadt, das „Fahrwerk“.
taz am wochenende: Herr Vobis, Sie kämpfen sich auch in den unwirtlichen Herbstmonaten durch die Großstadt. Wie machen Sie das?
Patrick Vobis: Das klingt jetzt wie in der Fahrschule, aber dem Wetter angepasst fahren ist natürlich wichtig. Niemand von uns fährt jetzt noch so schnell, wie wenn die Sonne scheint und es 20 Grad sind.
Wie kommt man denn fix durch den Stadtverkehr?
Der Trick ist ganz einfach: rote Ampeln umfahren. Lieber biege ich einmal links, einmal rechts ab, bis ich wieder auf meiner Linie bin. Das ist meist schneller als stehenzubleiben.
Über die rote Ampel wäre noch schneller.
An die Verkehrsregeln muss ich mich schon halten.
Vertrauen Sie bei der Routenberechnung Ihrem Gedächtnis oder einem Navi?
Das ist individuell. Ich habe auch immer einen Faltplan bei mir, aber als langjähriger Fahrer habe ich die schnellste Route meist im Kopf. Andere lassen sich aber durchaus mal vom Handynavi aushelfen.
Ist das Fahren auf dem Fahrradweg eigentlich schneller und sicherer als auf der Straße?
Ich finde Fahrradwege ganz furchtbar, man wird viel zu leicht von Abbiegern übersehen und häufig machen Herbstlaub und Wurzelwerk sie für uns unzumutbar. Ich fahre lieber gleich auf der Straße, da kann man die Fahrer besser im Auge behalten und riskiert weniger Zusammenstöße mit Fußgängern. Sie sind aufgrund ihrer Unachtsamkeit auf dem Bürgersteig die größte Gefahr für uns.
Nicht alle Autofahrer sind begeistert, dass sie sich die Straße mit Radrennrasern teilen müssen . . .
Die Aggressivität von Autofahrern hat stark zugenommen. Ich will nicht sagen, dass wir Radfahrer alle Unschuldslämmer sind, aber es vergeht inzwischen kein Tag mehr, an dem man nicht angepöbelt wird. Fahrradkuriere müssen viel einstecken können, da haben wir alle unsere eigenen Strategien. Manche pöbeln zurück, andere lassen es einfach an sich abprallen, das muss jeder für sich wissen.
Und Sie?
Ich habe mir von einem Kollegen abgeguckt, möglichst nur durch Daumen hoch und Daumen runter zu kommunizieren. Es gibt eine Menge Autofahrer, die sich darüber freuen, wenn ich anerkenne, dass sie aufpassen. Ansonsten versuche ich mich nicht provozieren zu lassen. Aber ich bin eben auch nur ein Mensch.
Was hilft, um entspannt zu bleiben?
Bei schlechtem Wetter hilft eine heiße Wanne. Und an freien Tagen eine Fahrradtour möglichst fern der Innenstadt.
Interview Lisa Dittmer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen