Lars Penning Filme aus dem Archiv–frisch gesichtet:
Klein geschnipselte Filmstückchen, mit Birnenessenz zusammengefügt, sind ins Kinomenü unter der Bezeichnung „russischer Schnitt“ ebenso eingegangen, wie sich auf den Speisekarten der Ausdruck „Salade russe“ für die auf bestimmte Art zerschnittene und angerichtete Erscheinungsform landwirtschaftlicher Produkte hält. In seinem Essay „E! Zur Reinheit der Kinosprache“ (1934) zeigte sich Sergej Eisenstein schon ein wenig angefressen. Einer der einflussreichsten Montagetheoretiker und Regisseure der Filmgeschichte ist er bis heute trotzdem geblieben. Die berühmte Szene mit dem die Treppe von Odessa hinunterstürzenden Kinderwagen aus dem Film „Panzerkreuzer Potemkin“ (1925) hat beispielsweise Brian De Palma in „The Untouchables“ kopiert und dann mitten in eine Schießerei auf dem Bahnhof von Chicago verlegt. Im Babylon Mitte gibt es jetzt im Rahmen einer Filmreihe aus Anlass des 100. Jahrestages der russischen Oktoberrevolution Eisensteins Original zu sehen; für die musikalische Untermalung sorgt das Metropolis Orchester (23. 10., 20 Uhr, Babylon Mitte).
Ein vielschichtiger Film: Juan Carlos Medinas „The Limehouse Golem“ ist sowohl ein Gothic-Horrorkrimi als auch ein interessantes Sittenbild der Londoner Unterschicht im Jahr 1880. Für den Gothic-Effekt sorgt darin ein Serienkiller, der im Londoner Limehouse-Bezirk sein Unwesen treibt und dabei seine Opfer derart verstümmelt, dass die Bevölkerung bereits beginnt, an einen übernatürlichen Täter zu glauben. Kommissar John Kildare (Bill Nighy) setzt bei den Ermittlungen lieber auf Detektion und Spurensicherung, verheddert sich aber bei dem Versuch, zugleich die Unschuld einer des Gattenmordes bezichtigten Varietékünstlerin zu beweisen. Ein reiner Genre-Thriller ist „The Limehouse Golem“ nicht, doch die Erzählstränge werden zusammengehalten vom souveränen Bill Nighy, der hier einmal in einer Hauptrolle brillieren darf (21. 10.–22. 10., 12.30 Uhr, B-ware! Ladenkino).
Vielleicht benötigt ja jemand angesichts des Kinostarts von „Blade Runner 2049“ noch ein wenig Gedächtnisauffrischung: Wie war das damals noch mal gleich in „Blade Runner“ (1982) mit Harrison Ford in der Rolle als resigniert-melancholischer Replikantenjäger und seiner Liebe zur Replikantin Rachael (Sean Young)? Und auf welche Weise knüpft der gelungene neue Film von Denis Villeneuve ästhetisch und thematisch an den SF-Klassiker mit der im Kern altmodischen Detektivgeschichte an? (20.–21. 10., 19.30 Uhr, Eiszeit, 21. 10., 15 Uhr, 24. 10., 22 Uhr, Filmrauschpalast)
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