Tim Caspar Boehme hört auf den Sound der Stadt:
Große Namen wecken große Erwartungen. Beim Film „Blade Runner“ genügte die Ankündigung, dass da eine Fortsetzung ins Haus steht, um die Freunde von graumelierten Zukunftsvisionen rund um die Welt in helle Aufregung zu versetzen. Auch Freunde der elektronischen Musik durften sich angesprochen fühlen, hatte dem Original von 1982 doch kein Geringerer als Synthesizer-Meister Vangelis seinen Soundtrack verpasst. An diesen futuristischen Triumph kann die offizielle Filmmusik nicht ganz anknüpfen. Daher war rascher Ersatz gefragt. Dachte sich zumindest das Projekt The Spoiler, das seinen alternativen Soundtrack am Donnerstag, pünktlich zum Kinostart von „Blade Runner 2049“, vorstellt. Der Trompeter Brad K. Henkel, Gitarristin Julia C. Reidy, Pianistin Liz K. Kosack am, klar, Synthesizer und Sam B. Hall am Schlagzeug werden ihre akustischen Korrekturen an der Filmgeschichte im Loophole anbringen. Replikanten haben freien Eintritt (Boddinstr. 60, 20.30 Uhr).
Mehr Zukunft oder vielmehr Erinnerungen an diese gibt es am Freitag im Acker Stadt Palast. „Recalling Utopia: 1967–2017“ heißt der Abend mit dem Berliner Neo-Krautrock-Projekt atelierTheremin, dem die Welt die großartige Textzeile „Mutter, wo ist Kraut?“ verdankt. Begleitet werden ihre psychotropen Klänge von Licht-Overhead-Projektionen Hanna Zimmermanns und seltenem Filmmaterial (Ackerstr. 169, 20 Uhr).
Gefeiert wird am Freitag ebenfalls. Und zwar eine Aut Night, benannt nach dem Berliner Plattenlabel Aut Records. Der Autor Mario Gomes tut sich im WestGermany mit Labelmitbetreiber Michele Pedrazzi alias Bob Meanza unter dem Namen Ulysses and the Vocoders zusammen, um sich mit Stimmen, Vocodern und Synthesizern ihren eigenen Reim auf die homerischen Gesänge zu machen. Klarinetten- und Saxofonklänge sind die Kernkompetenz des gleichfalls aufspielenden Trios Kongrosian, modulare Synthesizertöne schließlich kommen von Marta de Pascalidis (Skalitzer Str. 133, 21 Uhr).
Einen würdigen Abschluss finde die Woche am Dienstag mit dem Gründungskonzert des Ever Present Orchestra in der St.-Elisabeth-Kirche. Vier Gitarristen, darunter die Drone-Stars Oren Ambarchi und Stephen O’Malley, spielen zu Ehren des inzwischen 86 Jahre zählenden US-amerikanischen Avantgarde-Altmeisters Alvin Lucier, dessen Werke in neuen Bearbeitungen erklingen. Der Geehrte wird eigens nach Berlin reisen (Invalidenstr. 3, 20 Uhr).
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