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Politikunterricht wird eingedampft

BILDUNG Berufsschüler sollen künftig nur noch 0,6 Stunden pro Woche politische Bildung erfahren, kritisiert die GEW. Dafür solle mehr Sprachförderung ermöglicht werden, vermuten die Gewerkschafter

SPD-Schulsenator Ties Rabe will heute im Rathaus Neuerungen der Berufsschulen vorstellen. Die GEW kam ihm einen Tag zuvor. „SPD-Senat kürzt politische Bildung an den Berufsschulen!“, titelte sie ihre Pressemeldung. Es werde an Allgemeinbildung gespart, damit „die Sprachförderung nicht zusätzlich finanziert werden muss“.

Setzt der Senat seine Pläne um, gibt es pro Schulwoche nur noch 0,66 Stunden Politikunterricht, rechnet GEW-Vorständler Roland Kasprzak vor. Konkret geht es um eine Stundentafel für die 32 Berufsschulen, die auch der taz vorliegt. Es bleibt dabei, dass für einen Auszubildenden, wie zum Beispiel Augenoptiker, in einer dreijährigen Ausbildung 1.440 Schulstunden vorgesehen sind. Und weiter wird von diesem Kuchen der größte Teil von bis zu 880 Stunden der Fachbildung, wie „Brillenanpassung“ oder „Augen und Korrektion“, vorbehalten. Doch der bisherige „Lernbereich II“, in dem Politik und weitere Allgemeinbildung gelehrt wurde, wird geschrumpft.

Kasprzak, der selbst Politik unterrichtet, sagt, bisher habe es an seiner Berufsschule 160 Stunden „Wirtschaft und Gesellschaft“ gegeben, wie Politik dort heißt. Künftig sollen es nur noch 80 Stunden sein. „Das ist zu wenig“, sagt Kasprzak. Rechne man dies auf drei Berufsschuljahre mit insgesamt 120 Wochen um, „liegt man bei 0,66, also unter einer Stunde“. Das bedeute, es gebe Politik zwei Jahre nur eine Stunde pro Woche und im dritten Jahr gar nicht mehr. „Damit setzt Hamburg den geringsten Anteil politischer Bildung in Deutschland fest.“

Zwar gibt es in der neuen Stundentafel noch ein „Gestaltungskontingent“ von 280 Stunden. Doch von diesen müssten auch weitere Fachstunden sowie der Wahlpflichtbereich, das Fach „Gesundheit und Sport“ und die additive Sprachförderung abgedeckt werden. „Politische Bildung ist an den Schulen traditionell in der Defensive“, sagt Kasprzak. Die Betriebe, die ein Wörtchen mitzureden haben, würden sich kaum für deren Ausweitung einsetzen. Additive Sprachförderung dürfe „nicht zulasten der politischen Bildung gehen“, ergänzt die GEW-Chefin Anja Bensinger-Stolze. Sie fordert „die Rücknahme dieser Entscheidung“.

Die Schulbehörde bestreitet den Vorwurf. „Die Sprachförderung geht nicht zulasten der politischen Bildung“, sagt Sprecher Peter Albrecht dagegen. „Es waren auch vorher nur 80 Stunden, unterm Strich hat sich für die politische Bildung nichts geändert.“ „Das stimmt nicht“, beharrt Kasprzak. Allein der Rahmenplan für das Fach gebe „mehr Stunden vor“. KAJ

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