Wortkunde:
Woanders ist es auch schön
Bald werden wieder die Segel gesetzt. Nach JAMAIKA soll es gehen. Bald muss auch wieder ein Joint her, um die Fantasie für Jamaika zu beflügeln. Und spätestens wenn auch der Ton wieder die Musik macht, muss Bob Marley ran. Vielleicht genau dann, wenn Angie mit Horst, KGE, Cem und Start-up-Chris die erfolgreichen Koalitionsgespräche mit Rum begießt.
Hach, wär das schön! Allein der Wortspiele wegen, die eine Koalition zwischen CDU/CSU (politische Farbe: schwarz), FDP (gelb) und den Grünen (grün) garantieren würde, den Farben der jamaikanischen Flagge eben. Schon die Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat gezeigt, wie kreativ die Redaktionsstuben sind. „Günther segelt nach Jamaika“, titelten die Kieler Nachrichten, als feststand, dass der jetzige CDU-Ministerpräsident Daniel Günther „von seinem Kurs“ nicht mehr zu verdrängen sein würde.
Nur Javier, ein Student aus Kolumbien, politisch interessiert, aber noch recht neu in Kiel, schien als einer der wenigen ernsthaft besorgt. „Was will denn dieser Günther in Jamaika?“, fragte Javier seinen WG-Mitbewohner an einem Abend irgendwann im Juni. Das verstehe er einfach nicht. Es gehe doch darum, bald in Schleswig-Holstein zu regieren, „da kann der doch nicht nach Jamaika“. Und: „Will der Günther wohl doch nicht an die Macht?“
Das Missverständnis war dann schnell geklärt.
Ob eine Schwampel weniger irritiert hätte, blieb offen. Aber der Begriff, der sich von „schwarzer Ampel“ ableitet, ist aus der politischen Begriffswelt sowieso verschwunden. Schade! Wie schwampelig Koalitionsverhandlungen zwischen Schwarzen, Grünen und Gelben im Bund sein können, hätte man gerne erfahren. An welchen Schwampelmännern und -frauen ein solches Bündnis scheitern könnte, ebenso.
Und nicht zuletzt: Wie sehr würden die grünen Inhalte mit Seehofer verschwampelt? Alles Theorie, die Segel werden nach Jamaika gesetzt.
Und falls auf hoher See der Wind Richtung Jamaika doch ausgeht, muss eben ein neuer Kurs her. Im Reisekatalog: Malawi (CDU, SPD, Grüne), Mongolei (SPD, Linke, AfD), Tansania (CDU, AfD, FDP, Grüne), Brasilien (AfD, FDP, Grüne), Burkina Faso (SPD, Grüne, FDP). Von wegen keine Wahl! David Joram
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen