piwik no script img

War halt bloß mal so ’ne Idee gewesen

JOBS Viel Aufsehen erregte im Mai der Chef der Bremer Arbeitsagentur durch die Ankündigung eines Pilotprojekts für Langzeitarbeitslose. Hatte er aber eigentlich nur so dahergesagt

Dringend an ihrer Kommunikation arbeiten muss die Bremer Agentur für Arbeit. Das ergibt sich aus Antworten der Bundesregierung und des Bremer Senats zu parlamentarischen Anfragen der jeweiligen Linksfraktionen von Bürgerschaft und Deutschem Bundestag. Deren gemeinsames Thema: ein Ende Mai vollmundig vom Chef der Bremer Agentur, Götz von Einem, angekündigtes Sonderprogramm, mit dem man Langzeitarbeitslose in Bremerhaven in niedrigschwellige Arbeitsverhältnisse bringen werde.

„Wir machen Bremerhaven zum Pilotstandort“ hatte von Einem damals versprochen: ein Satz im Indikativ Präsenz. Mittlerweile ist nicht mehr die Rede davon. „Durch die Bundestagswahl“, so der Bremer Agentursprecher Jörg Nowag gestern auf Nachfrage, „kommt das momentan nicht voran.“

Insgesamt sei das Thema „im Sommerloch hochgekocht“, vermutet Nowag, mehr als man erwartet habe, weshalb man Fehler in der Berichterstattung seinerzeit nicht korrigiert habe: Die taz hatte offenbar fälschlich besagte Beschäftigungsmaßnahmen als unentgeltliche Pflichtarbeit aufgefasst. Danach habe es dann, so Nowag weiter, eine Anfrage im Bundestag gegeben. Das ist mindestens jahreszeitlich aber wohl auch chronologisch etwas desorientiert. Denn Weser-Kurier, Radio Bremen und taz hatten direkt von der Agentur-Pressekonferenz berichtet, andere Medien das Thema in unmittelbarer Reaktion auf die Veröffentlichungen aufgegriffen – und nur wenig später hatte die Zwickauer Abgeordnete Sabine Zimmermann (Die Linke) sie im Bundestag thematisiert.

Auf deren Frage antwortete allerdings am 28. Juni Staatssekretärin Anette Kramme (SPD): „Das in der Frage erwähnte Pilotprojekt gibt es nach Auskunft der Geschäftsführung des Jobcenters Bremerhaven sowie des Senats für Wirtschaft, Arbeit und Häfen der Freien Hansestadt Bremen nicht.“ Auch hätten keine diesbezüglichen Gespräche zwischen der Bundesagentur und der Arbeitsministerin stattgefunden.

Eine Korrektur der Bremer Agentur steht bis heute noch aus. Auch deshalb hat sich Arbeitsmarktpolitikerin Claudia Bernhard (Die Linke) kurz nach der Sommerpause beim Senat nach dem Projekt, das nicht sein soll, erkundigt. In der Antwort des Wirtschaftsressorts heißt es nun einerseits, „die Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven“ habe bereits „am 7. 4. 2017 von der Konkretisierung des Vorhabens erfahren“, das es laut Bundesregierung nicht gibt.

Andererseits wird präzisiert, dass es nicht einmal einschlägige „Gespräche zwischen hiesiger Agentur und der Bundesagentur für Arbeit gegeben“ hätte und bezüglich des Langzeitarbeitslosen-Projekts keine „Überlegungen, Planungen, Vorhaben, Absprachen oder Absichten seitens der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven“ bekannt geworden wären.

Mindestens wirft das ein seltsames Licht auf die Aussagen des Götz von Einem. Denn weder hat der Geschäftsführer seiner Ankündigung, Bremerhaven zum Pilotstandort eines Bundesprogramms zu machen, irgendwelche Gespräche oder Initiativen auf dem Dienstweg folgen lassen, noch auch nur Ideen für sein Projekt zu entwickeln für nötig befunden. bes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen