piwik no script img

PorträtEine fürdie Zukunft

Muss im Verein oft noch zuschauen: Joelle Wedemeyer Foto: dpa

Dem neuen Trainer des VfL Wolfsburg drohen bald wieder ein paar einsame Tage. Sobald Länderspiele anstehen, muss Stephan Lerch auf seine besten Spielerinnen verzichten. Auch Joelle Wedemeyer bricht auf, um internationale Erfahrungen zu sammeln. 21 Jahre jung, auf Defensivaufgaben spezialisiert: Unter all den routinierten VfL-Spielerinnen aus Schweden, Norwegen, Dänemark, Belgien und Polen ist Wedemeyer eine Besonderheit. Sie stammt aus der Region, ist im B-Juniorinnen-Alter zum VfL gewechselt und macht eine vorbildliche Karriere. In Kürze gehört sie, wenn zwei Qualifikationsspiele für die nächste Weltmeisterschaft anstehen, zum Kader der Frauenfußball-Nationalmannschaft.

Zu den Heimspielen des Serienmeisters pilgern vor allem Familien aus der Region – und damit der sportliche Nachwuchs, der schmachtet und schwärmt. Wedemeyer ist in Braunschweig geboren und beim benachbarten MTV Wolfenbüttel entdeckt worden. Es tut sicher gut, wenn die Basis merkt, dass man es aus der Provinz wirklich bis in die Nationalmannschaft schaffen kann.

Wedemeyer wirkt eher zierlich. Aber im Frauenfußball kommt es eben nicht nur auf die Wucht des Körpers, sondern vor allem auf die Spielintelligenz an. Die 1,69 Meter kleine Wedemeyer behauptet sich, seitdem sie 17 Jahre alt ist, in einem Trainingsbetrieb mitten unter Profis. Sie muss ein Pensum absolvieren, das neben Sport kaum noch Luft für andere Dinge lässt. Und doch klappt es mit einem Studium ohne Präsenzpflicht an einer Fachhochschule. Hier und da muss sie schon Autogrammkarten verteilen und Fans für eine Selfie-Aufnahme zur Verfügung stehen.

Eigentlich ist die Nominierung für die Nationalelf der logische nächste Schritt. Mit der U-20-Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes ist Wedemeyer bereits Weltmeisterin geworden. Sie gehört zu denen, die sich ein Nachrücken verdient haben und mehr Erfahrung bei internationalen Aufgaben sammeln müssen. Um jedoch auf Dauer in der Nationalmannschaft mitwirken zu dürfen, benötigen Talente dieser Güte viel Spielzeit im Verein.

Aber wenn der VfL Wolfsburg in der Bundesliga in Bestbesetzung antritt, ist für Wedemeyer nicht zwangsläufig Platz in der Startelf. Der Verein will unbedingt wieder Meister werden und in der Champions League vertreten sein. Dafür benötigt er Personal, das viel Erfahrung mitbringt und sich nicht mal eben zur Seite schubsen lässt. Einer jungen Spielerin wie Wedemeyer, so betont es die sportliche Leitung des VfL, gehört die Zukunft. Beim gestrigen 4:0-Erfolg gegen den SC Sand war Wedemeyer aber wieder mal nur Ersatzspielerin. Christian Otto

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen