: Tabuzonen für eine ganze Saison
Bürgerrechte Die Polizei hat gegen 14 Fans von Eintracht Braunschweig ein Aufenthaltsverbot für Stadion, Bahnhof und Innenstadt zu allen Heimspielen verhängt. Betroffene wollen sich wehren
Die Polizeidirektion Braunschweig hat gegen 14 Fans ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot für Heimspiele der Eintracht Braunschweig ausgesprochen. Diese gelten für die ganze nächste Saison, voraussichtlich im Zeitraum vom 20. September bis zum 6. Mai kommenden Jahres. Das Aufenthaltsverbot teilt sich in drei Verbotszonen ein. Demnach dürfen die Betroffenen sich jeweils sechs Stunden vor und nach den Heimspielen von Eintracht Braunschweig weder am Stadion noch am Hauptbahnhof oder in der Innenstadt aufhalten. „Dabei handelt es sich um Orte, an denen es in der Vergangenheit regelmäßig zu Auseinandersetzungen kam“, sagt Stefan Weinmeister, Pressesprecher der Polizeiinspektion Braunschweig. Die begründet die Verbote mit der „Gefahrenprävention“: Weitere Auseinandersetzungen mit randalierenden Fans sollen so vermeiden werden.
„Bei den Betroffenen handelt es sich um Personen, die in der Vergangenheit durch ihr gefährliches Verhalten auffällig geworden sind“, sagte Weinmeister. Auf Grundlage dieses Verhaltens habe die Polizei die Aufenthaltsverbote für eine ganze Saison verhängt. Um welches Verhalten es sich konkret handelt, sagte Weinmeister nicht. Auch zu der Frage, ob die 14 Betroffenen vorbestraft sind, gab er keine Auskunft, da derzeit Anhörungsverfahren liefen.
Der Verein „Blau-Gelbe-Hilfe“, der sich für die Rechte von Fans der Eintracht einsetzt, bezeichnet die Aufenthaltsverbote als zu hart und zu lang. „Es geht darum, ob eine Behörde auf Basis ihrer eigenen Prognose davon ausgehen kann, dass jemand über einen so langen Zeitraum voraussichtlich straffällig wird“, teilte ein Sprecher des Vereins auf taz-Anfrage mit. Es entbehre jeder Verhältnismäßigkeit, dass sich die Betroffenen über einen so langen Zeitraum nicht in Bahnhofsnähe, in die Innenstadt oder in das Stadionumfeld begeben dürften. „Sollten die Anhörungen nicht dazu führen, dass die Aufenthaltsverbote ausgesetzt werden, droht die Blau-Gelbe Hilfe mit einer Klage: „Sollten die Aufenthaltsverbote in der aktuellen Variante ausgesprochen werden, bleibt uns nur der Klageweg.“
Laut Polizeisprecher Weinmeister seien Aufenthaltsverbote während der Heimspiele nicht ungewöhnlich: „Wie bei allen großen Fußballvereinen kommt es auch in Braunschweig immer wieder vor, dass wir Aufenthaltsverbote aussprechen.“
Nach Einschätzung des Rechtsanwalt Andreas Hüttl, der regelmäßig Fans von Hannover 96 vertritt, nimmt es zu, dass die Polizei Aufenthaltsverbote über einen längeren Zeitraum verhängt. Diese seien häufig unverhältnismäßig: „Nicht jedes Spiel in der Saison birgt dasselbe Gefahrenpotenzial, deswegen ist es in manchen Fällen ungerechtfertigt, jemanden für eine ganze Saison zu sperren“, sagte der Rechtsanwalt. Oft reiche der Polizei, um Aufenthaltsverbote zu verhängen, dass sie drei „polizeipräventive Maßnahmen“ bei einer Person ergriffen hat. Darunter fällt auch die bloße Personalienaufnahme. Die Chancen, ein Aufenthaltsverbot gerichtlich zu kippen, seien deswegen eher gering. Leon Kirschgens
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