Kommentar zu Müller & Antisemitismus: Die Drohung allein war schon genug
Das Simon-Wiesenthal-Center drohte Michael Müller (SPD) mit einer lächerlichen „Antisemiten-Liste“. Der knickte allzu schnell ein.
Die Drohung hat gewirkt. Allein die bloße Aussicht, auf der lächerlichen „Top Ten der Antisemiten“-Liste des rechten Simon-Wiesenthal-Centers zu landen (dessen Gründer Marvin Hier zu Trumps Amtseinführung seinen Segen gab), hat den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) einknicken lassen: Nach einem Treffen mit dem Zentralrat der Juden am späten Mittwochabend ließ Müller mitteilen, dass Gruppen oder Veranstalter, die einen Israelboykott unterstützen, in Berlin künftig weder öffentlich geförderte Räume noch öffentliche Zuschüsse mehr erhalten sollen.
Damit kommt Müller einer Forderung von Verbänden wie dem American Jewish Committee (AJC) nach, die ganz im Sinne der israelischen Regierung agieren. Frankfurt und München hatten jüngst ähnliche Schritte beschlossen.
Seine Koalitionspartner bringt der Regierende damit allerdings in ein Dilemma. Zwar genießt die Boykottkampagne der israelkritischen BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) auch bei Grünen und Linken wenig Sympathien – Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) nannte sie sogar „widerlich“.
Doch ob beide Parteien deswegen gleich Raumverbote und Förderauflagen mittragen? Da gibt es schließlich noch die grundgesetzlich verbürgte Meinungsfreiheit. Ärger droht außerdem nicht nur mit Zensurgegnern in den eignen Reihen, sondern auch mit Gruppen wie der „Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden“ oder der „Jewish Antifa“ – linke Exisraelis, die in der Hauptstadt gut vertreten sind.
Zu den Besonderheiten dieser Debatte gehört es nämlich, dass jene, die für eine härtere Gangart gegenüber Israel eintreten, nicht selten selbst jüdischer Herkunft sind. Bedauerlich ist es daher, dass sich der Zentralrat der Juden so einseitig zum Sprachrohr israelischer Regierungsinteressen macht.
Seine Koalitionspartner Linke und Grüne stürzt der Regierende in ein Dilemma
Mit seinem Vorstoß hat Müller nun eine Debatte eröffnet. Das Simon-Wiesenthal-Center ist jetzt schon zufrieden. Gönnerhaft ließ es am Freitag verlauten, Müller müsse nun nicht mehr fürchten, auf seiner Liste zu landen. Der Regierende Bürgermeister kann also aufatmen. Seine Stadt nicht.
Leser*innenkommentare
finches
Ein alter Hut: Demokratie lebt von Meinungsvielfalt und der Auseinandersetzung mit ihr. Was Müller da macht, ist das Gegenteil von Demokratie!
kdw59
Sehr geehrter Herr Bax,
ich habe schon einmal darauf hingewiesen, dass das SWC keine "Liste der zehn schlimmsten Antisemiten der Welt", sondern der "Top Ten Worst Anti-Semitic/Anti-Israel Incidents" veröffentlicht. Ist es böse Absicht oder Ignoranz, dass Sie das hier wieder falsch darstellen?
Außerdem sollte man doch in der Lage sein zu erkennen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Meinungsfreiheit und der Förderung bestimmter Meinungen mittels öffentlicher Ressourcen.
88181 (Profil gelöscht)
Gast
@kdw59 Vergebliche Liebesmüh.
christine rölke-sommer
ich versuche gerade mir vorzustellen: Müller redet nicht mehr mit der EKBÖ, weil die Desmond Tutu eingeladen hat....
das wird richtig lustig!
danny schneider
widerlich...
a.) das verhätscheln eines Staates der Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht
b.) ein Politiker der anscheinend nicht zu seinen Überzeugungen steht sondern sich biegt wie ein Schilfrohr im Wind
Peter Achtpanther
@danny schneider Leute wie sie halten ja schon die Existenz eines mehrheitlich von Juden bewohnten Staates für ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" ... engagieren sie sich auch gegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in den Nachbarländern Israels?
Lars
@Peter Achtpanther Den Unterschied zwischen einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie(Israel) und einer islamistischen Theokratie(Iran) und autoritären Regimen(z b Syrien) verstehen sie aber?Das ich an einer bürgerlich parlamentarische Demokratie andere Anforderungen in Sachen Menschenrechte usw stelle verstehen sie hoffentlich auch, Deshalb verstehe ich dieses Argument nicht. Oder wollen sie negieren das Israel ein demokratischer Staat ist??
Peter Achtpanther
@Lars Natürlich negiere ich nicht, dass Israel ein demokratischer Staat ist - gerade deshalb verstehe ich ja nicht, warum permanent gegen Israel gehetzt wird (oft auf Basis dreister Lügen), jedoch mörderische Diktaturen gehätschelt werden ...
81331 (Profil gelöscht)
Gast
...und wehe, er hätte es anders gemacht.
Henriette Bimmelbahn
Das finde ich jetzt spannend!
Was wäre denn passiert, wenn er es anders gemacht hätte????