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Inseln in Trümmern

Irma I Der Tropensturm verwüstet die ostkaribischen Inseln Barbuda, Anguilla und Saint Martin und zieht weiter nach Westen. In der Region wartet der nächste Hurrikan

von Hans-Ulrich Dillmann

BERLIN taz | Barbuda sei ­„total zerstört“ und ein einziger „Trümmerhaufen“, sagte der Regierungschef des Karibikstaats Antigua und Barbuda, Gaston Browne, nachdem der Tropensturm „Irma“ über die Inseln hinweggefegt war. Die Häuser und Gebäude Barbudas wurden zu 95 Prozent zerstört. Der schwerste je gemessene Tropensturm verwüstete mehrere Karibikinseln, mindestens zehn Menschen starben.

Schwere Zerstörungen werden von Antigua und der Ferieninsel Saint-Barthélemy, gemeldet. Auf der Insel Sint Maarten hat der Wirbelsturm der Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala den Princess Juliana International Airport, das wichtigste Flugdrehkreuz der Region, schwer beschädigt. Fluggastbrücken wurden aus ihrer Verankerung gerissen, das Terminal liegt in Schutt und die Check-in-Halle ist überflutet. Der gut organisierte Katastrophenschutz und Evakuierungen haben auf den Kleinen Antillen aber dafür gesorgt, dass die meisten Menschen mit Gesundheit und Leben davonkamen.

„Wir müssen auf das Schlimmste vorbereitet sein“, sagte der Gouverneur von Puer­to Rico, Ricardo Rossello, wo der Sturm „Irma“ am Donnerstag wütete. Rossello hatte die Bewohner der Küstenbereiche der viertgrößten Karibikinsel aufgefordert, sich im Landesinneren in Sicherheit zu bringen. Der deutsche Chemiekonzern BASF hat seinen Standort in Manatí im Norden der Insel als Vorsichtsmaßnahme geschlossen.

Von sechs südlichen Bahamas-Inseln ohne Schutzräume wurden die Bewohner auf andere Inseln gebracht. „Dies ist die größte derartige Evakuierung in der Geschichte des Landes“, zitiert das Internetportal thebahamasweekly.com den Ministerpräsident der Bahamas, Hubert Minnis.

Das ist „Irma“

Der Wirbelsturm „Irma“ hat sich in der Nähe der Kapverdischen Inseln im Atlantik gebildet und zog von dort Richtung Karibik.

Rekord: Bis Donnerstagmittag tobte der Sturm bereits seit 33 Stunden mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 295 Kilometern pro Stunde.

Der Katastrophenschutz in Kuba ist seit Jahrzehnten vorbildlich organisiert. Dort wurden zahlreiche Küstenbereiche evakuiert. Auch in der Dominikanischen Republik wurden an der Ost- und Nordküste ausländische Touristen und Bewohner besonders gefährdeter Gebiete in Sicherheit gebracht. Seit dem Wochenanfang hatte der nationale Zivilschutz bereits für zahlreiche Provinzen den Notstand ausgerufen. Supermärkte wurden schlossen – auch weil sie leer gekauft waren. WhatsApp- und Face­book-­Gruppen halfen die Informationen der Defensa Civil in der Bevölkerung zu verbreiten. Nach den Erfahrungen von Wirbelsturm „George“, der das Land 1998 völlig unvorbereitet traf und rund 500 Menschen das Leben kostete, funk­tio­nieren die Notfallpläne im Katastrophenfall.

Bedrohlich dürfte Hurrikan „Irma“ aber erneut für Haiti sein. Es wird erwartet, dass er die Nordküste der Insel streift. „Wir sind vorbereitet“, sagt die Sprecherin der Welthungerhilfe, Simone Pott. In der Region wurden mit Hilfe der Entwicklungsorganisation in den letzten Jahren Gruppen im Katas­tro­phenschutz ausgebildet.

Auch wenn Haiti nicht im Zentrum des stärksten Sturms in der Geschichte der re­gis­trier­ten Wirbelstürme liegt, haben stürmische Winde und Dauerregen in dem fast vollständig abgeholzten Land immer katastrophale Auswirkungen, schätzt Pott das Gefahrenszenarium ein. Fast genau vor zehn Jahren war der Süden des bitterarmen Karibikstaats von Hurrikan „Matthew“ verwüstet worden, über 500 Menschen waren gestorben.

Sturm und Regen wirken in dem fast völlig abgeholzten Haiti katastrophal

Während auf den Kleinen Antillen die Katastrophenhelfer mit der Erstversorgung der Opfer beginnen und versuchen, die Grundversorgung mit Strom und Wasser wenigstens provisorisch zu garantieren, blicken Meteorologen und Hilfseinsatzplaner bereits ängstlich in Richtung Atlantik. Von dort aus folgt der bereits zur höchsten Kategorie hochgestufte Hurrikan „José“ dem Sturm „Irma“ auf dem Fuß.

Deshalb rät die Deutschlandtochter des weltgrößten Reisekonzern TUI ihren Kunden aktuell von Reisen in die von „Irma“ bedrohten Gebiete ab. Von den Partner-Airlines seien am Donnerstag alle Flüge in die Dominikanische Republik um 24 Stunden und alle Flüge nach Kuba um 48 Stunden verschoben worden, sagte der TUI-Deutschland-Sprecher Mario Köpers am Firmensitz in Hannover. Es gebe aber bisher keine Flugstreichungen wegen des Tropensturms.

Der Konzern hat seine Kunden informiert, dass sie bis 10. September einschließlich die Möglichkeit hätten, Reisen auf die Bahamas, nach Kuba oder in die Dominikanische Repu­blik umzubuchen oder zu stornieren. Für Florida gilt diese Frist bis zum 22. September. Die meisten Kunden folgten den Empfehlungen des Konzerns, sagte Köpers.

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