Forderungen an die Bundesregierung: Handelskammer gibt sich grün
Der neue Präses Tobias Bergmann legt die Forderungen an die künftige Bundesregierung vor und besetzt anders als sein Vorgänger auch ökologische Themen.
Hamburg taz | Alte Baustellen, neues Profil. Einen Tag vor der mit Spannung erwarteten Plenarsitzung der Handelskammer nährte Neu-Präses Tobias Bergmann am Dienstag Spekulationen. Und zwar darüber, dass das Plenum die abgewählte Führung um Ex-Präses Fritz Horst Melsheimer und den geschassten Hauptgeschäftsführer Hans Jörg Schmidt-Trenz nicht entlasten werde. Das neue Präsidium, in dem die ehemaligen „Kammerrebellen“ die Mehrheit haben, wirft den beiden Männern einen verschwenderischen Umgang mit den Pflichtbeiträgen der 160.000 Zwangsmitglieder der Kammer vor.
Wird dem alten Vorstand morgen die Entlastung verweigert?
Er sei zwar mitunter „überrascht, was da so in der Zeitung steht“, kommentierte Bergmann einen entsprechenden Bericht des Hamburger Abendblatts, die Entlastung der Ex-Führung sei aber tatsächlich „eine spannende Frage“. Und anders als zu Zeiten Melsheimers lasse sich „heute nicht voraussagen, was morgen hier passiert“, befeuerte Bergmann die Gerüchte.
Geladen hatten Bergmann, Vize-Präses Andre Mücke sowie Vize-Geschäftsführer Ulrich Brehmer am Dienstag aber aus einem anderen Grund: Sie wollten den Forderungskatalog der Hamburger Handelskammer an die zukünftige Bundesregierung vorstellen. Mit deutlich verändertem Profil gegenüber dem Vorgängerteam.
Bildung: Bundeseinheitliche Bildungsstandards und die Durchlässigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung, sowie die Vermittlung digitaler Kompetenzen in allen Bildungsbereichen stehen auf der Forderungsliste ganz oben.
Beteiligung: Die neu aufgestellte Handelskanmmer respektiert das verbandsklagerecht und fordert frühe Bürgerbeteiligung um die realisierung von Großprojekten zu beschleunigen
Energie: der Ausbau der Netze als Voraussetzung für den Ausbau alternativer Energieträger und mehr Elektroantriebe im Straßenverkehr sind die Hauptforderungen der Kammer.
Fahrverbote als „letzte Möglichkeit“
So akzeptiert die Handelskammer nun aufgrund der Schadstoffbelastung Fahrverbote als letzte Möglichkeit – eine Position, die unter Melsheimer noch undenkbar gewesen wäre. Überhaupt spielen Umweltforderungen eine größere Rolle. „Wir sehen Ökologie und Wirtschaft nicht als Gegensätze, sondern streben eine Symbiose von beidem an“, so Bergmann, der sich vor allem für den Ausbau der Elektromobilität stark macht. Es gibt allerdings auch die klassischen Handelskammerforderungen ohne Öko-Siegel – die schnelle Realisierung der Elbvertiefung etwa und den Ausbau des Autobahnnetzes rund um Hamburg.
Wenig Raum nimmt die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt in dem Forderungspapier ein. Nur zwei Absätze finden sich dazu in dem 35-Seiten-Papier, darunter allerdings die bemerkenswerte Forderung, „die Abschiebung geduldeter Geflüchteter mit dem Tag der Eintragung eines Ausbildungsvertrags“ auszusetzen.
„Wir sehen Ökologie und Wirtschaft nicht als Gegensätze, sondern streben eine Symbiose von beidem an“
Anders als Melsheimer, der in einer Rede für die Handelskammer auch schon mal zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan Stellung nahm, will sich Bergmann „nicht zu allgemeinpolitischen Themen“ äußern. „Sie finden nichts über Trump in unserem Forderungskatalog“, sagt der 46-Jährige. Den Forderungskatalog an die Bundesregierung hält er für legitim, schließlich hätten sich 650 Mitgliedsunternehmen der Kammer an der Erstellung dieses Positionspapiers aktiv beteiligt.