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heute in hamburg„Lassen uns nicht vertreiben“

Kundgebung Im Münzviertel gibt es zu wenig Raum für soziokulturelle Arbeit, klagt eine Initiative

Günter Westphal

74, der bildende Künstler engagiert sich bei der Stadtteilinitiative Münzviertel und dem „Kunstlabor naher Gegenden“.

taz: Herr Westphal, Sie haben bis Ende 2016 gemeinsam mit anderen eine Kita im Münzviertel besetzt …

Günter Westphal: Nein, wir hatten dort als Stadtteilinitiative 70 Quadratmeter gemietet. Der Rest wurde dann besetzt, daraus ist das Kollektive Zentrum – das KoZe – entstanden. Das wurde von der Stadt geduldet.

Aber irgendwann verlor die Stadt die Geduld?

Wir wussten, dass wir nur mieten können, bis der erste Bagger kommt. Nur die Stadt hat dann nicht mehr mit uns gesprochen. Die Polizeieinsätze sind hinterhältig gewesen. Wie bei G20: Es wurde hochgepuscht bis ins Unendliche. Das Vertrauen war überhaupt nicht da.

Warum ist Ihre Vermittlung zwischen der Polizei und den KoZe-Leuten gescheitert?

Entscheidend ist, dass Bürgermeister Olaf Scholz uns nie wollte. Seit Februar 2016 wurden uns Versprechungen gemacht, es würden Container aufgestellt, um unsere Aktivitäten fortführen zu können, wenn die Kita abgerissen werde. Aber wir wurden vertröstet und neue Räume gibt es bis heute nicht.

Deswegen heute die Kundgebung. Haben Sie die eigentlich angemeldet?

Ja. Wir haben das ja schon ein paar Mal unangemeldet gemacht. Jetzt eben angemeldet, um uns öffentlich zu zeigen, auch wegen des Zitats von Herrn Scholz aus dem Abendblatt.

Welches Zitat?

Er sagte, der Konflikt mit dem Münzviertel wäre gelöst. Er wolle nämlich keine zweite Rote Flora. Aber dass man uns so sieht, hat man uns nie erzählt. Wir fühlen uns von unserem Bürgermeister hinters Licht geführt.

Sind Sie jetzt mit 74 Jahren nicht des Kämpfens müde?

Nein, ich habe einen aufrechten Gang. Wir müssen kämpfen oder das Viertel verlassen. Wir haben im Stadtteil nur Neubauten und Touristen. Aber wir wollen in einer alten Schule, die es im Viertel noch gibt, ein neues soziokulturelles Zentrum aufmachen. Doch wir haben den Eindruck, dass man uns nicht will, dass wir mit unserem Engagement zum Beispiel für obdachlose Jugendliche nicht reinpassen.

In der Ankündigung der Kundgebung heißt es, man sei „lebendig wie nie zuvor“. Klingt so Verzweiflung?

Nein, Scholz sagt ja, wir wären nicht mehr da. Aber wir lassen uns nicht vertreiben. Wir rücken zusammen und andere Initiativen zeigen sich solidarisch.

Interview Daniel Trommer

Kundgebung „Die Viertel denen, die drin leben!“: 18 bis 21 Uhr, Münzplatz

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