heute in Bremen: „Regeln kann man ändern“
Vortrag Attac-Theoretiker Christian Felber stellt seine Thesen für „ethischen Welthandel“ vor
Jahrgang 1972, ist freier Autor, Universitätslehrer und Tänzer. Er ist Mitbegründer von Attac Österreich, der Gemeinwohl-Bewegung und der „Bank für Gemeinwohl“.
taz: Im Altertum war „Eigennutz“ verfemt. Seit der Neuzeit glaubt man, dass er dem Gemeinwohl nützt. Was denn nun?
Christian Felber: Für diese beiden Extreme stehen Sozialismus und Kapitalismus oder Individualismus. Was wir brauchen, ist eine Balance zwischen diesen beiden Extremen, die Menschenwürde und Gemeinwohl in Einklang bringen kann. Wenn ich unendlich viel Eigentum anhäufen darf, enteigne ich damit andere. Wenn ich soziale und ökologische Aspekte missachte, schade ich dem Gemeinwohl. Es müsste für Unternehmen eine „Gemeinwohl“-Bilanz geben.
Brauchen wir einen starken Staat, um das durchzusetzen gegen die Egoismen?
Unser Staat ist sehr stark. Er setzt ökologische Standards und den bedingungslosem Freihandel durch, er kann Banken retten. Wichtig ist, dass der Staat demokratisiert ist. Genauso könnte er Regelungen einführen, die Gemeinwohl zu einem verbindlichen Kriterium machen.
Außerhalb der familiären Strukturen verhalten sich Menschen egoistisch.
Nein. Das Prinzip des Egoismus gilt nur in Teilbereichen der Wirtschaft, nämlich dort, wo juristische Personen ihren Gewinn maximieren. Als Arzt brauchen wir schon sehr viel Wohlwollen.
Wollen Sie auch den Welthandel auf Wohlwollen umstellen?
Das wäre die Alternative zum Freihandel, TTIP und WTO. Zollaufschläge kann man für nationale Egoismen kassieren oder für Verstöße gegen Menschenrechtsvereinbarungen und arbeitsrechtliche Standards. Steueroasen für multinationale Konzerne kann man erlauben oder unterbinden. Die Spielregeln der Weltwirtschaft werden politisch festgelegt, man kann sie also ändern und nach ethischen Kriterien gestalten.
Interview KAWE
19.30 Uhr, Kirche Unser Lieben Frauen
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