Unterwegs mit Udo

DeryA und Sema MUTLU

Mit Exotik geschmückt? Der Rocksänger Udo Lindenberg (M.) und die Band Mutlu, 1997 in Hannover Foto: Holger Hollemann/dpa

Es soll der gemeinsame Verleger gewesen sein, der den Hamburger Altrocker Udo Lindenberg auf sie aufmerksam machte: „Udo, du stehst doch immer so auf multi-kulti“, so wird es kolportiert. „Ich hab da zwei Türkinnen, die rappen.“ In der Tat, das taten Sema und Derya Mutlu aus Bremen-Nord, die 1996 ihre gemeinsame Band Mutlu gründeten. 1997 kamen Debütsingle und -album heraus, und dann wollte Lindenberg sie mitnehmen auf Tour durch Konzert- und sogar Opernhäuser – eine durchaus durchwachsene Erfahrung, erzählten die Schwestern später.

Flensburg gegen Kiel

VideobattleTURNIER

Es klingt ja immer ein wenig nach der Handball-Bundesliga, wenn Kiel und Flensburg im selben Atemzug aufeinandertreffen. Hier geht es aber nicht um den DHB-Meistertitel, sondern das „Videobattleturnier“ (VBT). 2007 bis 2013 richtete die Internetseite rappers.in dieses „Rapturnier“ aus, bei dem deutschsprachige MCs mit eigenen, auf Youtube zu sehenden Videoclips gegeneinander antraten und sich dabei kräftig runtermachten, also „dissten“. Das Format verbindet sehr Altes mit eher Neuem: den Gedanken des ersatzweise und ohne Gewalt ausgetragenen Streits – Reimen statt Kloppen – mit dem Internet. In der Hochphase, heißt es, habe man 320.000 Besucher pro Tag gehabt.

Besonderen Auftrieb bescherte ab 2012 die „Splash Edition“, die das eigentlich VBT sozusagen überlebte: Dabei war der Hauptpreis ein Auftritt beim Splash!-Festival. Antreten durfte einerseits, wer in früheren VBT-Jahren mindestens ins Halbfinale eingezogen war, weitere Teilnehmer wurden online gewählt. 2013 gewann der Kieler Persteasy, im Jahr darauf kam die Crew Flensburg – nach eigenen Worten ein „Bündnis“ mehrerer dortiger Crews – immerhin bis ins Viertelfinale. ALDI

„Wir werden immer auf Hip-Hop festgelegt, und das sind wir nicht, aber ich würde mich auch nicht als Ausländerin definieren“, sagte Sema Mutlu 1998 der taz, und als sei’s, um das zu unterstreichen, drehten sie einen Spielfilm, den angeblich teuersten billigen aller Zeiten, was aber nur so eine Medienidee sein dürfte: In „Der Schrei des Schmetterlings“ spielten sie sich 1999 selbst. Ihre Musik dazu brachte den Mutlus 2001 gar einen Deutschen Fernsehpreis ein.

Dann machten Label und Vertrieb die Grätsche, das Management verabschiedete sich ebenfalls. Heute, so war es zu Jahresbeginn der Radio-Bremen-Sendung „buten & binnen“ zu entnehmen, haben die 39 und – seit Donnerstag – 48 Jahre alten Schwestern „mit Rap eigentlich nichts mehr am Hut“: Sema ist als Schauspielerin auf Bremer Bühnen zu erleben, Derya hat die Mannheimer Pop-Akademie besucht und ist, nach einer Weile in Hamburg, nach Bremen zurückgekehrt. In Sachen Musik ist das letzte Wort noch nicht gereimt (oder gesungen). ALDI

Kiel–New York (und zurück)

„Storm“, „Swift Rock“, „Battle Squad“

Eutiner mit Attitude: Storm Foto: Jakub Tryniszewksi

Wenn im Text links die als legendär bezeichneten Breakdancer „Battle Squad“ nach Kiel verlegt werden, stimmt das nur zur Hälfte: Niels Robitzky alias „Storm“ fing als 14-Jähriger in Eutin mit dem Tanzen an. Die um 1983 gegründete Battle Squad überlebt den kurzlebigen Mainstream-Hype um Hip-Hop und Rap und alles, was dazugehört: Sie machen weiter und gewinnen zweimal das „Battle of the Year“, die Breakdance-WM.

Robitzky ist ausgedehnt unterwegs gewesen, irgendwann stellte ihn der Musiksender Viva vor die Kamera, für die Hip-Hop-Sendung „Freestyle“. 2000 veröffentlichte er mit „Von Swipe zu Storm“ ein, vielleicht sogar das Buch über „Breakdance in Deutschland“. Tänzer ist er bis heute, er unterrichtet, und beides manchmal auch als urbankultureller Botschafter im Namen des Goethe-Instituts. Er lebt mit Familie in Berlin.

„Battle Squad“-Mitgründer Boris „Swift Rock“ Leptin betreibt einen Laden mit vielem, was Hip-Hopper brauchen können, in Kiel und bringt denen, die es wollen, ebenfalls die Moves von damals bei (und ein paar neue vermutlich auch). ALDI