Serie „Die Bergpolizei“ mit Terence Hill: Er reitet jetzt durch Tiroler Berge
Eine italienische Serie mit Terence Hill im Bayerischen Fernsehen? Ganz genau. In seiner Altersrolle ist der Haudegen milde geworden.
Allem Wunschdenken zum Trotz – der Großteil der fernsehenden Menschheit verbringt seine Zeit nicht mit „Twin Peaks“ oder „Mad Men“. Wenn ein deutscher Sender Quote erzielen will, programmiert er einen Film mit Bud Spencer und Terence Hill. Spencer starb 2016, die letzten gemeinsamen Dreharbeiten des Paars liegen 23 Jahre zurück. Dennoch finden die Hauruck-Komödien weiterhin ihr Publikum.
Spencer und Hill standen für die Infantilisierung des Italowestern. Anfangs rau, schmutzstarrend und brutal, erlebte das Genre über die Parodie einen zweiten Aufschwung.
Nie funktionierte das Muster so gut wie mit Bud Spencer und Terence Hill. Ein klassisches Komödiantenduo: der dümmliche, aber gutmütige Dicke und der spillerige Schlauberger, der in Deutschland vom sprachgewandten Nonsenspoeten Rainer Brandt mit schalkhaften Aperçus ausgestattet wurde. Oft untereinander im Zwist, aber untrennbar und unschlagbar, wenn es gegen echte Lumpen ging. Im Grunde waren diese Lustspiele mit ihren robusten Streichen und kindlichem Übermut die Fortsetzung der deutschen Lümmel-Filme vor attraktiveren Kulissen.
Nach ihrem letzten gemeinsamen Dreh gingen die Stars eigene Wege. Terence Hill spielt in der TV-Serie „Don Matteo“ seit 2000 sehr erfolgreich eine italienische, moderne Variante von Chestertons „Pater Brown“. Parallel übernahm er die Hauptrolle in der italienischen Serie „Die Bergpolizei“, die nun ins deutsche Fernsehen kommt.
Die markanten blauen Augen
Im Vorspann erfährt der heute 78-Jährige erst einmal eine wunderbare Würdigung. Simuliertes Cinemascope-Format, jemand setzt einen Westernstiefel auf einen Herd, richtet die Sporen. Dann die Einblendung: „TERENCE HILL in“. Ein Schnitt auf die markanten blauen Augen. Der Bildrand öffnet sich zum 16:9-Format. Und dann reitet er wieder. Dieses Mal nicht durch Almerikas Wüsten, sondern vor Tiroler Bergkulisse.
„Die Bergpolizei – Ganz nah am Himmel“, 12 Folgen, ab 28. Juli 2017 freitags um 20.15 Uhr, Bayerisches Fernsehen
Damit beinahe genug der Referenzen. Die deutsche Synchronstimme ist dieselbe wie immer, aber kesse Sprüche reißt der von Hill verkörperte Förster Pietro Thiene nicht. Er ist ein Mann mit Vergangenheit, war ein gefeierter Bergsteiger, hat seine Frau bei einem gemeinsamen Klettergang verloren, was ihn bis in den Schlaf verfolgt, aus dem er bisweilen tränenüberströmt aufschreckt.
Da gibt es nichts zu nörgeln. Wenn sich Clint Eastwood in „In the Line of Fire“ bittere Zähren erlaubte, darf Hill das auch.
So richtig in die Tiefe gehen die Autoren um Serienschöpfer Salvatore Basile und Enrico Oldoini jedoch nicht. Terence Hill adelt mit seinem Charisma eine konventionell eingerichtete Serienerzählung. Landschaftsaufnahmen, ein satter Musikteppich – Komponist Pino Donaggio knüpft hier nicht gerade an seine besten Arbeiten an –, dazu die für italienische Produktionen typische derbe Komik und die ebenfalls typische Politik bei der Besetzung weiblicher Rollen, bei der eine gewonnene Misswahl oder ein „Playboy“-Portfolio für die Bewerberin nicht von Nachteil ist. Auch nicht ungewöhnlich, dass die Serie gespickt ist mit „Produktplatzierungen“, in der deutschen Ausstrahlung ordnungsgemäß durch Einblendungen markiert.
Auch wenn er gelegentlich noch einmal kräftig zulangt, begeht Terence Hill nicht den Fehler, in die Rolle des Berufsjugendlichen zu verfallen. Im Wesentlichen ist sein Pietro ein altersmilder Mensch, der sich um den missratenen Neffen und um die Natur sorgt und in Konkurrenz zum hypochondrischen Kommissar Nappi (Enrico Ianniello) mehr oder minder originelle Kriminalfälle löst.
Klar: Netflix-Snobs sind hier nicht eingeladen. Hill-Fans hingegen werden ihre Freude haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Wirtschaftspolitik der FDP
Falsch und verlogen
Schönheitsideale in der Modewelt
Zurück zu Size Zero
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?