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MiethaiWahre Größe

Sylvia Sonnemann ist Geschäftsführerin beim Verein Mieter helfen Mietern

Bei Mieterhöhungen ist allein die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich – so entschied der Bundesgerichtshof (BGH) vor fast zwei Jahren. Ist diese eigentliche Selbstverständlichkeit in der Vermietungspraxis angekommen, zeigen Vermieter jetzt (die) wahre Größe?

Mieter kommen leider nicht von selbst in den Genuss dieser Selbstverständlichkeit, also der Zahlung von Miete nur für eine tatsächlich existierende Fläche. Jüngst entschied der BGH, dass es nicht genüge, wenn der Mieter Zweifel an der Wohnfläche anmelde; er müsse dem Vermieter zumindest eine – gern auch laienhafte – Berechnung der Wohnfläche entgegenhalten, wenn er die in der Mieterhöhung genannte Fläche tatsächlich für geringer halte. Sonst bleibt sein Einwand ungehört (BGH, Urteil vom 31. 5. 2017 – VIII ZR 181/16).

Ob Vermieter aufgrund der BGH-Entscheidung von 2015 jetzt ehrlicher mit der Flächenangabe sind, darf bezweifelt werden. Denn erst mal muss sich der Mieter ja wehren. Hier gilt dass selbe Prinzip wie bei der Mietpreisbremse: Man kann es ja mal versuchen. Vermieter riskieren nichts, wenn sie eine zu große Fläche behaupten (und eine zu hohe Mietforderung) – das ist keine Ordnungswidrigkeit, und wenn der Mieter das schluckt, bleiben negative Konsequenzen gänzlich aus. Ausgeblieben ist auch die von der großen Koalition angekündigte Festschreibung der tatsächlichen Wohnfläche im Gesetz. Diese Zusage, die sich bereits im Koalitionsvertrag findet, wurde vollmundig wiederholt, als der BGH vor zwei Jahren entschied, dass bei Mieterhöhungen nur die wahre Größe zähle. Auch dieses Versprechen lösten CDU/SPD nicht ein.

Die Praxis zeigt, dass diese Festlegung gebraucht wird, um Fairness zum Erfolg zu verhelfen. Auch ist noch ungeklärt, ob die tatsächliche Fläche auch für Nebenkostenabrechnungen und Wertverbesserungszuschläge zu gelten hat. Eine Mieterhöhung sollte also Anlass sein, den Zollstock in die Hand zu nehmen und nachzumessen, wenn man der Flächenangabe im Mietvertrag misstraut.

Wie zu messen ist, findet sich unter www.mhmhamburg.de/wohnflaeche.

Und wenn der Verdacht sich bestätigt – ab in die Beratung und nicht mehr zahlen als nötig!

Verein Mieter helfen Mietern, Bartelsstraße 30, 20357 Hamburg, ☎040-431 39 40

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