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Der Norden sieht rot

Am Tag danach:

Niedersachsen

Von einem „guten Ergebnis“ und einer „richtigen Kandidatin“ sprach tapfer der Generalsekretär der niedersächsischen CDU, Friedrich-Otto Ripke, obwohl seine Partei im Land das schlechteste Bundestags-Wahlergebnis seit 1949 eingefahren hatte. Gegenüber der letzten Landtagswahl 2003 brach die CDU sogar um knapp 15 Prozent oder gut 40.000 Stimmen ein. Der Grund: Niedersachsen ist Schröder-Stammland. Nur vier von insgesamt 29 Wahlkreisen gingen an die CDU, alle im katholischen Emsland. Im Rest siegte wie 2002 die SPD. Der designierte Landeschef Garrelt Duin erreichte in Aurich/Emden spitzenmäßige 55,9 Prozent, allerdings fuhr er wie die SPD überall Verluste ein. Der Sonntag sei ein „schöner Tag“ gewesen, sagte Fraktionschef Wolfgang Jüttner. Und natürlich, dass „Angela Merkel keine politische Zukunft“ mehr habe. Der zweite Verlierer sitze „in Hannover - und der heißt Christian Wulff“. Für die bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen müsse sich die CDU jetzt “warm anziehen“.

Die Grünen verbesserten sich in Niedersachsen knapp. Sie werden fünf Abgeordnete nach Berlin schicken. Das beste Ergebnis erzielten sie in Hannover-Stadt II mit 13,9 Prozent, in Oldenburg/Ammerland (11,1 Prozent), Hannover-Stadt I (11,1 Prozent) und Lüchow-Dannenberg/Lüneburg (10,9). Landeschefin Brigitte Pothmer, die nach Berlin wechselt, lehnte gestern Ampel wie „Schwampel“ ab. Mit der FDP gebe es zu wenig Gemeinsamkeiten. Das sieht auch die Nordwest-FDP so, die bald mit sechs Abgeordneten in Berlin vertreten sein wird. Landeschef Walter Hirche sprach von einem „Bombenergebnis“, sein Generalsekretär Stefan Birkner betonte, vor allem bei der Steuerpolitik komme man mit den Grünen auf keinen Nenner. „Große Freude“ auch bei der niedersächsischen Linkspartei: Neben Spitzenkandidat Diether Dehm entsendet sie zwei weitere Abgeordnete in den Bundestag. ksc

Schleswig-Holstein

Die Wahl ist gelaufen, wer regiert, ist unklar – den Schleswig-Holsteinern kommt das Bundestagsergebnis irgendwie verdammt bekannt vor: Ähnlich verworren wie jetzt in Berlin sah es im Februar in Kiel aus. Und wie für Kiel sehen die Landespolitiker im Norden eine große Koalition im Bund als wahrscheinlichste Möglichkeit. „Eins steht fest: Aus Schleswig-Holstein wird es keine Stimme für eine Ampel geben“, sagten die FDP-Spitzenleute Wolfgang Kubicki und Jürgen Koppelin – 10,1 Prozent erhielten die Liberalen im Land. Die Vorsitzenden des Landesverbandes von Bündnis 90/Die Grünen, Marlies Fritzen und Robert Habeck, freuten sich über die 8,4 Prozent, die ihre Partei in Schleswig- Holstein erzielte. Wie es weitergeht? „Wir Grüne stellen uns darauf ein, eine kraftvolle Opposition im Bundestag zu sein.“ SPD-Landeschef Claus Möller, der die große Koalition im Land mitverhandelt hatte, sieht auch für den Bund Gespräche „auf Augenhöhe“ zwischen Schwarz und Rot, und die CDU, im Land mit 36,4 Prozent der Zweitstimmen hinter der SPD mit 38,2 Prozent (aber bei den Direktmandaten mit sechs zu fünf vorne), ist froh darüber, im Bund stärkste Fraktion zu sein und damit die Regierung bilden zu dürfen. Einzig der SSW warnt vor der Elefantenhochzeit: „Es darf keinen Automatismus für dieses Modell geben“, so Spitzenfrau Anke Spoorendonk. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass es eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners bedeutet.“ est

Hamburg

Eitel Freude herrscht bei Rot-Grün Hamburg, denn alle Wahlziele wurden voll erreicht. Acht Abgeordnete für Gerhard Schröder lautete die Devise derer, die in Berlin gemeinsam regier(t)en und in der Hansestadt gemeinsam opponieren. Alle sechs Direktmandate in den sechs Hamburger Wahlkreisen konnte die SPD wie schon 2002 erringen, und die Grünen bescherten sich erneut zwei Listenmandate. Dafür war zumindest die ungefähre Bestätigung des bundesdeutschen Rekordergebnisses von 16,2 Prozent erforderlich, welche die GAL vor drei Jahren zum stärksten Landesverband aller grünen Zeiten machte. Das gelang, mit nur leichten Verlusten, und die SPD wurde mit klarem Abstand stärkste Partei.

Große Freude herrscht gleichermaßen bei Liberalen und Linken, die jeweils ein Bundestagsmandat ergatterten. Auch hier gelten die Wahlziele zu Recht als erreicht.

Bei so vielen Siegern muss zwangsläufig irgendwo jemand im Tal der Tränen hocken. Die abgestraften Christdemokraten fanden auch gestern vor lauter Katzenjammer kaum Worte. Mit Ole von Beust vor eineinhalb Jahren die absolute Mehrheit im Stadtstaat, und nun der tiefe Fall unter 30 Prozent – die Schmerzen sind verständlich. Zwar bleibt es bei vier CDU-Abgeordneten von der Liste, doch ist das nur ein sehr geringer Trost. Ihre beiden erklärten Ziele hat die CDU verfehlt: Stärkste Partei werden und der SPD mindestens drei Direktmandate wegschnappen. Der erhoffte Höhenflug endete mit einer harten Bauchlandung. SMV

Mecklenburg-Vorpommern

Wenige Verluste für die CDU und ein herber Schlag ins Kontor für die SPD, die dennoch mit 31,7 Prozent aller Zweitstimmen am häufigsten in Mecklenburg-Vorpommern gewählt wurde – allerdings nur absolut gesehen. In den zwei östlichen Wahlkreisen liegt die CDU vorne. Vor drei Jahren hatte die SPD in Mecklenburg-Vorpommern noch 9,9 Prozentpunkte mehr bekommen und nähert sich damit der CDU an, die mit 29,6 nur 0,7 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2002 einbüßen musste. Wahlsiegerin mit 23,7 Prozent ist in dem rot-rot regierten Land Die Linke.PDS: Sie legte um 7,3 Prozentpunkte zu. In den anderen ostdeutschen Bundesländern – ausgenommen Sachsen – war der Gewinn der Linkspartei allerdings deutlicher. Hier lag sie mit über 26 Prozent noch vor der CDU.

Die Bildung einer Ampelkoalition auf Bundesebene hält Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) trotz der Absage von FDP-Chef Guido Westerwelle für möglich. In Gesprächen könnten sich sicher noch andere Überzeugungen bilden, sagte Ringstorff gestern im Deutschlandradio. eib

Bremen

Für viele hätte es schlimmer kommen können: Die SPD in Bremen hätte ein Direktmandat einbüßen können, wenn die Union zugelegt hätte. Aber die Erleichterung bei den Sozialdemokraten ist groß, denn CDU-Landeschef Bernd Neumann hat bei den Erststimmen wieder nichts gerissen. Zu irgendwelchen Koalitionsmodellen wie schwarz-gelb-grün oder eine klassische Ampel wollen Christdemokraten wie Grüne gar nicht erst groß Stellung beziehen. „Ansonsten bin ich froh über das gute Bundesergebnis“, sagt die Bremer Abgeordnete Marieluise Beck – nur die Hamburger Grünen sind im Ländervergleich besser.

Der allgemeine Trend in den Großstädten ist auch in Bremen zu erkennen. In den Hochburgen verlieren beide Volksparteien, vor allem in sozialen Brennpunkten profitiert davon die Linkspartei. Der CDU ist es nicht gelungen, von der SPD enttäuschte Protestwähler zu binden. Und die FDP? Es ist mehr als fraglich, ob sie ihr gutes Ergebnis bei den Bürgerschaftswahlen 2007 halten kann. Denn in Bremen wird eine schwarz-gelbe Mehrheit nur in den Träumen einiger Liberaler spuken. Die bürgerlichen Wähler entscheiden sich lieber gleich für die CDU. ky

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