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heute in Bremen„Vorwürfe lenken nur ab“

Geflüchtete Im Europahafen berichtet SOS Mediterranée von Rettungseinsätzen

Jana Ciernioch

27 , Migrationsforscherin, ist Sprecherin für SOS Mediterranée Deutschland.

taz: Frau Ciernioch, macht SOS Méditerranée eine Deutschlandtour, weil die Spendenbereitschaft sinkt?

Jana Ciernioch: Nein, die Unterstützung seitens der deutschen und insgesamt der europäischen Zivilgesellschaft ist weiterhin sehr hoch. Die lässt nicht nach. Gleichzeitig ist es aber nötig, daran zu erinnern, dass ständig Menschen versuchen, übers Mittelmeer nach Europa zu kommen – und viele dabei sterben. Und zwar nicht nur, wenn gerade Bundestagswahlkampf ist, oder, wie 2015, viele der Geflüchteten nach Deutschland kommen.

Bremen ist nicht aus Zufall Startpunkt der Tour …?

Wir haben eine enge Bindung an Bremen: Bremerhaven ist der deutsche Heimathafen der „MS Aquarius“, von hier ist unser Einsatz gestartet, Bürgermeister Carsten Sieling hat die Schirmherrschaft übernommen und wir haben viele UnterstützerInnen in der Stadt und ihrer nautischen Community.

Es gibt aber auch Druck: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) rückt die NGO-Arbeit in die Nähe von Schlepperkriminalität, Rom hat versucht, die Retter mit einem Code of Conduct zu bremsen. Wie gehen Sie damit um?

Diese Vorwürfe lenken von den Problemen ab, von dem Versagen Europas und von den Flucht­ursachen. Kein Mensch verlässt seine Heimat und begibt sich auf das Meer, nur weil es Rettungsorganisationen gibt. Umgekehrt steht fest, dass ohne uns mehr Menschen ertrinken würden. Stattdessen intensiviert Europa die Zusammenarbeit mit Transitländern wie Libyen.

Was spricht dagegen?

Libyen ist ein Scheinstaat mit katastrophaler Menschenrechtslage. Die MigrantInnen und Geflüchteten aus anderen afrikanischen Ländern geraten dort fast zwangsläufig in eine Spirale aus Zwangsarbeit, Folter, Vergewaltigung und Erpressung: ein System der Gewalt. Fast alle Menschen, die wir an Bord holen, haben Monate, oft Jahre in diesem Land verbracht. Ihre Berichte und ihre Körper, ihre Wunden, die teils frischen Schussverletzungen, alles bezeugt diese unhaltbare Lage.

interview bes

Ankunft: heute, 16 Uhr, Europahafen, ab 19 Uhr berichtet SOS-Fotografin Susanne Friedel von den Einsätzen

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