Ferienprogramm für Familien und Kinder: Die Welt als Ganzes
Mit einer Sonderpräsentation und dem Programm „Connections“ betonen die Museen auf der Museumsinsel die Verbindungen zwischen den Kulturen.
„Stell die Verbindung her!“ Die dem Humboldt Forum eingeschriebene Aufforderung, unsere Welt als Ganzes wahrzunehmen und vielgestaltige Perspektivwechsel zuzulassen, wird in diesem Sommer von den Museen der Museumsinsel angenommen und mit der Sonderpräsentation „Neue Nachbarn. Auf dem Weg zum Humboldt Forum“ und dem begleitenden Vermittlungsprogramm „Connections“, das sich hauptsächlich an Kinder und Familien richtet, praktisch umgesetzt.
Gewünschter Nebeneffekt: Berliner*innen sollen das Weltkulturerbe Museumsinsel im Herzen der Stadt wieder mehr als „ihren“ Ort wahrnehmen – empfinden doch viele Ortsansässige die Museumsinsel in erster Linie als Touristenattraktion.
Die Ausstellung „Neue Nachbarn“ stellt 25 Exponate aus dem Museum für Asiatische Kunst und des Ethnologischen Museums neben Exponate im Alten Museum, Neuen Museum, Bode-Museum und in der Alten Nationalgalerie und wirft damit vor allem Schlaglichter auf überraschende Gemeinsamkeiten geografisch weit voneinander entfernt liegender Kulturen. „Es soll deutlich werden, dass es schon lange vor der Globalisierung globale Verbindungen, Interaktionen und Dialoge gab“, wie es Moritz Wullen, Beauftragter der Gründungsintendanz für die Staatlichen Museen zu Berlin, formuliert.
Gegenüberstellungen aus eigenen Beständen
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und einer der Gründungsintendanten des Humboldt Forums, ist stolz darauf, dass diese Gegenüberstellungen aus den eigenen Beständen erfolgen, und verweist auf „Die Schöne unterm Blütenbaum“, ein indisches Relief aus dem 12. Jahrhundert, das bisher im Museum für Asiatische Kunst zu sehen war. Sie leistet nun für ein paar Wochen der „Verwundeten Amazone“ Gesellschaft, Kopie einer griechischen Skulptur um 430 v. Chr. und Highlight der Sammlung im Alten Museum.
Die Workshops des Sommercamps Museumsinsel finden in der 1. und der 4. Ferienwoche statt, jeweils Di. bis Do., von 10 bis 13 Uhr (Abschlusspräsentation jeweils am Do.), und kosten jeweils 36 Euro. Anmeldung erforderlich unter 266 42 42 42 oder service@smb.museum
Die Figuren nehmen zwar zunächst nur exakt dieselbe Körperhaltung ein, doch auch inhaltlich sind Parallelen zu erkennen: die Fruchtbarkeit und üppiges Leben symbolisierende, Glück und Segen verheißende indische Tempeltänzerin und die für Stärke stehende und dennoch verwundbare griechische Kämpferin.
Mit der Platzierung der Statue des Hindu-Gottes Wischnu in dem von antiken europäischen Skulpturen geschmückten Kuppelsaal des Alten Museums soll auch der zentristische westliche Blick aufgelöst werden, wie Martina Stoye, Kuratorin am Museum für Asiatische Kunst, ergänzt. Sie weist darauf hin, dass die dem westlichen Publikum eher unbekannte Gottheit in Indien jährlich Ziel von Tausenden Pilgern ist.
Laut Parzinger sollen diese Gegenüberstellungen nicht nur neue Perspektiven eröffnen und Dialoge herausfordern, sondern auch das Augenmerk auf das richten, was schon lange da ist: die Museumsinsel. Flankierend werden in der zum Begleitprogramm „Connections“ gehörenden temporären „Kolonnaden Bar“ im Kolonnadenhof mit historischen, live mit elektronischer Musik vertonten Stummfilmen und Lecture-Performances neue Sichtweisen auf die alte Insel eröffnet.
Der Kolonnadenhof ist auch Austragungsort des „Connections“-Sommercamps „Rauf auf die Insel!“. Vier jeweils dreitägige Workshops wollen Kindern via Fotografie, Malerei, Architektur und Skulptur den Perspektivwechsel vermitteln und ihnen ermöglichen, Verbindungen zwischen den Museen auf der Insel zu ziehen, sagt Vincent Schmidt, der das „Connections“-Programm verantwortet.
Die rege Nutzung des Kolonnenhofs als Kulisse für Hochzeitsfotos war auch Inspiration für den Fotografie-Workshop „Gut getroffen“. Bei einem Rundgang durch die Museen bekommen Kinder ab 13 Jahren „Anregungen zu Bildaufbau und guten Posen“, und nach einer Technikeinführung durch eine professionelle Fotografin inszenieren sich die Kids im Hof nach Stimmungslage – mondän, schlicht, ernst, ulkig –, die Kulisse darf auch eine Rolle spielen.
Museumspädagogen und Künstler helfen
In den Workshops stehen den Kindern Museumspädagogen und erfahrene Künstler zur Seite, sagt Heike Kropff, Leiterin des Bildungs- und Vermittlungsprogramms der Staatlichen Museen zu Berlin. Beim Architektur-Workshop „Zusammen gebaut“ wird auch handwerkliche Unterstützung vonnöten sein. Denn nachdem die sechs- bis zwölfjährigen Kinder die eindrucksvolle Architektur der Museumsinsel erkundet haben, planen sie einen Erweiterungsbau, der in der Zeit des Sommercamps auf dem Kolonnadenhof entstehen soll.
Aus Holz, Pappe und Folien wird so „idealerweise ein Ausstellungsraum für die andern Disziplinen“, wie Vincent Schmidt erklärt. Eine weitere Disziplin ist die Malerei. In „Für mich entdeckt“ stiefeln die Kids durch die Alte Nationalgalerie, lassen sich von den Meistern inspirieren und machen Skizzen. Im Hof verschmelzen sie diese dann mit der wahrgenommenen Szenerie und halten sie auf Leinwand fest.
„Ich bin hier“ ist der inklusive Skulpturen-Workshop, bei dem Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren mit und ohne Beeinträchtigungen Gipsabgüsse von ihren Köpfen und Oberkörpern nehmen und sich eine Nachbarschaft suchen, in der sie ihre Gips-Doppelgänger präsentieren. Anregungen dafür gibt es in den Museen ja mehr als genug. Bei einer Abschlusspräsentation werden die Ergebnisse aller Workshops zusammengetragen – und Verbindungen hergestellt.
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