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Der Bäcker

Wie machen Sie das?

Karsten Berning, 43, ist Geschäftsführer der Berliner Familienbäckerei Johann Mayer. Mit acht anderen BäckerInnen steht er jede Nacht von ein bis neun Uhr morgens in der Backstube.

taz. am wochenende: Herr Berning, seit zwanzig Jahren arbeiten Sie, wenn alle schlafen. Trotzdem haben Sie Freunde und Familie. Wie machen Sie das?

Karsten Berning: Das ist gute Planung! Ich lege mich abends von zehn bis halb eins ins Bett und gehe dann arbeiten. Davor mache ich Hausaufgaben mit meinen Kindern oder gehe mit Freunden auf Konzerte. Neulich erst war ich bei Grönemeyer und bin danach zur Nachtschicht.

Sie kommen also mit nur zwei Stunden Schlaf aus?

Ich lege mich mittags noch mal zwei bis drei Stunden hin. Mehr als fünf Stunden schlafe ich aber selten. Ich bin in einer Bäckerfamilie aufgewachsen, wenig Schlaf liegt mir in den Genen.

Fühlen sie sich manchmal ausgegrenzt?

Ich kann nur für mich sprechen und ich bin glücklich. Natürlich kann ich mich nicht um ein Uhr morgens in die Schlange am Berghain stellen. Die Nächte durchzechen, das geht nicht mehr.

Aber ein Feierabendbier trinken Sie schon.

Nein, das geht nicht. Viele meiner Kollegen trinken ihr Feierabendbier morgens. Die haben einen anderen Rhythmus als ich: Die bleiben nach der Arbeit wach und schlafen von nachmittags bis Mitternacht. Wie die das mit ihren Freunden machen, das weiß ich nicht.

Warum tun Sie sich das an?

Ich liebe Berlin, wenn es schläft – die Stadt wird nahbarer. Dieses Gefühl hat man nicht, wenn man abends nach der Arbeit heimkommt, weil man dann mit der Stadt schlafen geht. Das können nur wir Nachtarbeiter empfinden, glaube ich. Einer meiner Azubis erzählte mir mal, dass das Beste an unserem Beruf sei, im Sommer nachts zu arbeiten, wenn es kühl ist und morgens dann der Erste im Freibad zu sein. Großartig, oder?

Interview Julius Betschka

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