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MUSIK

MusikTim Caspar Boehmehört auf den Sound der Stadt

Zu verstehen ist es wirklich nicht. Klar, soziologisch kann man das immer irgendwie nachvollziehen, warum Frauen in der elektronischen Musik, sofern sie kein reiner Pop sein will, sich meistens immer noch gegen ihre männlichen Kollegen behaupten müssen. Doch ästhetisch ergibt das alles recht wenig Sinn. Insofern traurig und erfreulich zugleich, dass ein Festival wie „Heroines of Sound“ eigens diesem Missstand entgegenwirkt. Mit einem Programm, das sowohl jüngeren als auch älteren Musikerinnen gebündelt Raum bietet für ihre Musik. Den Schwerpunkt bilden diesmal polnische Künstlerinnen, allen voran Elżbieta Sikora, die sich als Pionierin der „akusmatischen Musik“ international hervogetan hat, einer Spielart der elektroakustischen Musik, bei der die Ursprünge der eigentlichen Klänge unkenntlich gemacht werden, konkret und abstrakt in eins. In Deutschland ist sie noch zu entdecken. Das dreitägige Festival im Radialsystem verbindet dabei Konzert mit Diskurs auf der Bühne. Selbstverständlich ist da eben leider immer noch nicht so viel (Holzmarktstr. 33, Freitag bis Sonntag ab 18 Uhr, www.heroines-of-sound.com, Tagesticket 18/12 €, Zweitagesticket 30/18 €, Festivalticket 45/27 €).

Man könnte ergänzen, dass es bestimmte Musikarten grundsätzlich schwerer haben als andere. Neue Musik (oder wie man sie auch immer nennen soll) hat, sofern sie nicht bewusst alles Sperrige aus ihren Texturen verbannt hat, immer schon starke Reaktionen hervorgerufen, gern auch leidenschaftlich ablehnende. Ob von Mann oder Frau geschrieben, spielt da oft keine große Rolle. Am Freitag etwa kann man sich in der Staatsoper im Schiller Theater beim Festival „Infektion!“ selbst davon überzeugen, ob diese Zurückweisung auch dem eigenen Naturell entspricht, mit französischer Kammermusik von Olivier Messiaen oder Pierre Boulez. Oder am Sonntag mit einem russisch-osteuropäischen Programm, in dem mit Galina Ustwolskaja tatsächlich auch eine Komponistin vertreten ist – und was für eine (Bismarckstr. 110, 21 Uhr, 15/10 €)!

Wo wir schon bei Musik sind, die es schwer hat: Chormusik hat es erst recht schwer. Der RIAS Kammerchor weiß das, internationales Spitzenniveau hin oder her. Und probiert immer wieder neue Formate und Orte aus. Freitag und Samstag ist er zu Gast im Centre Bagatelle mit gerade mal vier Mitgliedern des Chors aus allen vier Stimmlagen. Die singen dann, begleitet von den Pianisten Angela Gassenhuber, Holger Groschopp und ­Philip Mayers, an beiden Abenden französische Kunstlieder und Chansons des 20. Jahrhunderts von Poulenc, Honegger, Dutilleux, Françaix, Schmitt, ­Milhaud, Castérède und Jolas (Zeltinger Str. 6, 19.30 Uhr, 20/16 €).

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