Gemischtes Doppel : Köchin des Protests:Christine Starzmann
Viel mehr als Reis mit Soße
Im Küchenzelt hinter der Bühne der G20-Protestwelle – der Großdemo von Campact und Co – geht es am Sonntagmittag gemächlich zu. Gekocht werden muss an diesem Tag nur für die VeranstalterInnen und KünstlerInnen, etwa 150 Personen. Es gibt Kartoffelsuppe mit Möhren und Zucchini. Für Christine Starzmann, die sich eine Woche frei genommen hat, um die GipfelgegnerInnen zu versorgen, ist das eher ein Catering als eine richtige Volxküche. Wenn sie mit ihrem Kollektiv Fläming Kitchen loslegt, können auch 5.000 Menschen satt werden.
Dass die 54-jährige Pforzheimerin an diesem Tag mithilft, ist nur der Bitte eines Freundes zu verdanken. Sie sagt: „Ich war immer gegen diese Demo.“ Starzmann, die einige Jahre für Attac arbeitete, hat nichts übrig für den handzahmen Protest, der sich als Alternative zu der Großdemo am Gipfel-Samstag versteht. Der richtige Protest geht für Starzmann erst mit den Camps los. Und ihre Rolle hat sie dabei gefunden: „Die einen kommen, um im schwarzen Block zu demonstrieren, die anderen versuchen, den schwarzen Block zu versorgen.“
Ihr Bahnticket nach Hamburg hat Starzmann schon im Januar gebucht, eine Woche hat sie nun Urlaub von ihrer Arbeit in einer Taxizentrale. Für die Frau, die trotz ihrer stacheligen Haare und dem schwäbischen Akzent so gar nichts mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gemein hat, ist der Ausflug in den Protest wie ein Nachhausekommen. „Das ist wie mein Wohnzimmer“, sagt sie, „hier kenne ich mehr Leute als in ganz Pforzheim.“
Seit etwa 15 Jahren ist Starzmann Teil der Bewegung; beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm hat sie noch mitorganisiert, seit den Blockupy-Protesten 2012 in Frankfurt kocht sie. Ihr Einstieg: Mit einer Kollegin schälte sie zehn Säcke Zwiebeln à 25 Kilogramm – in Rekordzeit, wie der Küchenchef ihr damals versicherte.
Für Hamburg hat Fläming Kitchen bereits zwei Tonnen Gemüse organisiert, doch das wird bei Weitem nicht reichen. Bis zu 450 Liter fassende Kochtöpfe hat die Crew dabei. Gekocht wird durchgängig vegan, standardmäßig eine dicke Soße mit Gemüse, eine Beilage wie Kartoffeln oder Couscous und ein Salat. Mehrere Großküchen sind am Start, mit mehr als 100 HelferInnen. Dass die Polizei bislang nicht nur das Schlafen, sondern auch das Kochen in den Camps verhindert, sei zwar Schikane – dennoch werde man sich von der Versorgung der Protestierenden nicht abhalten lassen. Erik Peter
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