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Gemischtes Doppel Musik für die Staatschefs:Kent Nagano

Hier kommt der Feingeist

Dirigiert auf Wunsch der Kanzlerin: Kent Nagano Foto: dpa

Kent Nagano ist nicht elitär. Im Gegenteil, er will Oper und überhaupt klassische Musik jedem zugänglich machen – sei es per Livestream, sei es durch Jugend- oder Flüchtlingsprojekte. Musizieren bedeute auch, „Zukunft aktiv im Sinne unserer Überzeugung von Recht und Freiheit für alle zu gestalten“, sagt er. Musik sei „weit mehr als nur Artistik und Unterhaltung“.

Mit diesem Credo wird der 65-jährige US-amerikanische Dirigent mit japanischen Wurzeln am 7. Juli kollidieren. An diesem Tag wird Nagano, seit 2015 Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper und des Philharmonischen Staatsorchesters, für die G20 aufspielen – und muss Autokraten wie Putin, Trump, Erdoğan ein Ständchen präsentieren: Beethovens Neunte als Aperitif vorm Abendessen.

Nun könnte man zwar sagen, diese Sinfonie sei ein Appell für Freiheit und Brüderlichkeit gerade angesichts der gescheiterten Französischen Revolution. Aber diesen Subtext werden nur wenige verstehen. Abgesehen davon hat sich der stets freundliche Nagano diesen Kotau vor den Herrschenden nicht ausgesucht. Angela Merkel persönlich hat ihn – und nicht den eigentlich zuständigen Thomas Hengelbrock samt NDR-Elbphilharmonieorchester – gefragt, und sie hat das Programm bestimmt. Ob Nagano und sein international besetztes Orchester das wollen, wurde nicht gefragt.

Man werde sich „weder zum Anlass äußern noch ein Urteil über die Zusammensetzung der Gastnationen abgeben“, hat Nagano daher diplomatisch verkünden lassen. Dabei ist das politische Potenzial von Musik für Nagano sonst durchaus wichtig. Sonst hätte er in der Reihe „Musik und Wissenschaft“ nicht Vorträge über die Ökologie von Korallenriffen mit Schuberts ­„Forellenquintett“ kombiniert – dem Symbol eines bedrohten Idylls.

Ähnlich brisant war die Uraufführung von Toshio Hosokawas Fukushima-Oper „Stilles Meer“ 2016. Sie wandte den Blick weg vom – hinlänglich bekannten – Behördenversagen zu gesellschaftlichen Verwerfungen wie der Ausgrenzung „Verstrahlter“ im heutigen Japan.

Überhaupt pflegt Nagano – neben solidem Repertoire – ein Faible für Zeitgenössisches, zuletzt zu erleben mit Schönbergs „Gurre-Liedern“ in der Elbphilharmonie. Sein voriger Arbeitgeber, die Bayerische Staatsoper, mochte das nicht und warf ihm im Übrigen Farblosigkeit vor.

Die Hamburger schätzen Nagano. Auch seine unaufgeregte Professionalität im Umgang mit der Akustik der Elbphilharmonie. Petra Schellen

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