Kolumne Berliner Galerien: Nicht von dieser Welt
Kolumnistin Jana J. Bach empfiehlt Futuristisches bei Exile, Morbides bei Patrick Ebensperger und allerlei Schatten bei 48 Stunden Neukölln.
W as ist eigentlich aus „Mars One“ geworden? Es klingt recht aberwitzig, eine Astronauten-Crew mit One-Way-Ticket zum Bruderplaneten der Erde zu senden. Schließlich mangelt es ihm immer noch an Grundlegendem, wie etwa dem Nachweis von Wasser.
Ein Problem, das das Künstlerduo Pakui Hardware bei seinem Entwurf einer futuristischen Marslandschaft in der Galerie Exile berücksichtigt zu haben scheint: Wasserzungen in Azur durchziehen das Bassin am Boden; am Beckenrand sprüht ein Miniluftbefeuchter Tröpfchen in die Atmosphäre. Für die Gebilde, die daneben hinter Plexiglas wie gigantische Austern glänzen, hat das Duo NASA-Aufnahmen des Wüstenplaneten als Vorlage benutzt.
Schon der lange Weg zum Mars würde den Erdenbewohner als soziales Wesen fordern. Vielleicht hat Pakui Hardware den zukünftigen Mars daher zwar als habitable, aber posthuman inszeniert, ergo: menschenleer.
Geisterhaftes Getier
Die pinkfarbene Katze im Rampenlicht ist ganz sicher nicht von diesem Planeten. Es wirkt, als schmelze ihr Gesicht im gleißenden Licht. In Lindau am Bodensee war der Porzellantiger eingelagert, dem Benjamin Heisenberg den Kopf abschlug, um einen umgestülpten Frisierpuppenkopf aufzusetzen. Nun hat er ihn, so wie den verwesten Vogel in Kunstharz, für seine dritte Soloschau „Stabile Seitenlage“ in der Galerie Patrick Ebensperger wieder ausgegraben.
Erweitert wird der auratisch-morbide Zirkel durch betextete Papierarbeiten, etwa der Tod des Marat im Stile eines Caspar David Friedrich, Mönche in Kutten oder ein Video, in dem Hoodie-Träger durchs Bild laufen. Spätestens hier dünkt es, all das zur Schau gestellte Übel ist trotz des Geisterhaften diesseitigen Ursprungs.
Exile, Kurfürstenstr. 19, donnerstags bis samstags 13–18 Uhr, bis 15. Juli
Galerie Patrick Ebensperger, Plantagenstr. 30, dienstags bis samstags 13–19 Uhr, bis 1. Juli
48 Stunden Neukölln, 23. bis 25. Juni
Raus aus dem Schatten
Real ist auch der Schrecken, dem sich die zehn Künstler_innen mit der Ausstellung „Shades of Today: Picking up the Pieces“ im Centrum stellen werden. Der Projektraum hat sie eingeladen, in Zeiten, da Trumps Inauguration oder der Brexit die Spotlights bündeln, Realität als divers aufzuzeigen. Eröffnet wird mit einer Performance von Kirstin Burckhard und im Rahmen von 48 Stunden Neukölln.
Das Festivalprogramm – gewähltes Leitmotiv „Schatten“ – ist enorm und reicht von präsentierten Werken zum thailändischen Künstler Charlee Sodprasert (Mareschka) bis zum arabischen Schattenspiel Muhammad Ibn Daniyals (Out oft the Dark). Im Schillerpalais wird sogar das Schattendasein seiner kümmerlichen Existenz enthoben: Hier kann ein Follower gemietet werden, „echte Menschen, die Sie zum Späti oder Date begleiten.“
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