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Asyl ja, Handel auch

Verhältnis Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ankara soll nicht unter Berliner Kritik leiden

BERLIN taz | Den deutsch-türkischen Beziehungen droht eine neue Belastungsprobe. Wie das Bundesinnenministerium bestätigte, wurde in jüngster Zeit in „einigen Fällen“ türkischen Bürgern Asyl in der Bundesrepublik gewährt. Es handelt sich um Diplomaten und Nato-Offiziere, die nach dem Putschversuch vom Juli 2016 von ihren Posten abberufen wurden – aber die Heimkehr in die Türkei verweigerten. Damit ist Deutschland nach Griechenland das zweite EU und Nato-Land, das Türken Asyl gewährt. Griechische Gerichte gaben Asylanträgen türkischer Soldaten statt, die in der Putschnacht mit einem Hubschrauber geflohen waren.

414 Inhaber von Diplomatenpässen beantragten Asyl

Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben seit dem Putschversuch 414 Inhaber türkischer Diplomatenpässe und deren Familienangehörige Asyl beantragt. Die Begründung für die Gewährung ist bislang nicht öffentlich. In Griechenland hatten die Gerichte argumentiert, die Soldaten könnten in der Türkei keinen fairen Prozess erwarten und liefen Gefahr, gefoltert zu werden. Die Regierung in Ankara reagierte auf die Asylgewährung mit massiver Kritik. Zu den deutschen Entscheidungen gab es gestern noch keine offizielle Reaktion.

Zeitgleich mit dem Bekanntwerden der ersten positiven Asylentscheidungen für Türken hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montagabend eine weitere Entscheidung verkündet, die den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ärgern dürfte: Merkel sagte dem Westdeutschen Rundfunk, die Bundesregierung habe entschieden, dass in Deutschland nicht über eine Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei abgestimmt werden dürfte. Zwar stelle sich die Frage im Moment noch nicht, so die Kanzlerin weiter, ihr sei aber daran gelegen, rechtzeitig für Klarheit in dieser Sache zu sorgen. Nach dem Referendum über die Einführung des Präsidialsystems hatte Erdoğan die Einführung der Todesstrafe angekündigt und das Parlament aufgefordert, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen.

Ob Berlin in Deutschland lebenden türkischen Staatsbürgern verbieten kann, an einem die Todesstrafe in der Türkei betreffendem Referendum teilzunehmen, ist umstritten. Merkel beruft sich auf ein Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoğlu, lehnt ein Verbot ohne neue, klare Rechtsgrundlage ab.

Anders als bei den politischen Fragen wie Asyl und Todesstrafe sieht das deutsch-türkische Verhältnis bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit aus: Nicht nur bei Rüstungsgeschäften (siehe Text rechts) sondern in der ganzen Breite der wirtschaftlichen Zusammenarbeit streben beide Staaten eine Normalisierung an.

Während Merkel ein Todesstrafen-Referendum ausschließt, versucht ihre Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries mit Unterstützung der Kanzlerin die wirtschaftlichen Beziehungen wieder zum Laufen zu bringen. Deshalb traf sie am Montag ihre türkisches Pendant Nihat Zeybekçi. Man verabredete die Bildung einer neuen Wirtschafts-und Handelskommission und die Wiederbelebung des deutsch-türkischen Energieforums. Der aktuelle Warenaustausch liegt bei 37 Milliarden jährlich, angestrebt werden laut Zypries 60 bis 70 Mil­liarden. Jürgen Gottschlich

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