piwik no script img

Antje Lang-Lendorff über die restaurierte Kapelle der GedächtniskircheIrgendwo bröckelt es immer

Die Kapelle Foto: dpa

Langfristig gesehen war das mit den Waben aus Waschbeton an der Gedächtniskirche doch nicht so eine gute Idee. Der Architekt Egon Eiermann verkleidete damit Anfang der 60er Jahre seine Neubauten rund um die Kirchturmruine am Breitscheidplatz und schuf ein einzigartiges Mahnmal für den Zweiten Weltkrieg. Doch die Waben halten der Zeit nicht stand: Der Stahl innen drin rostet, sprengt den Beton, ganze Brocken splittern ab. Weil sie den Menschen auf den Kopf fallen könnten, wurde der Turm schon vor längerer Zeit eingerüstet.

Ein Teil des Ensembles ist nun aber wieder schick: Die zur Gedächtniskirche gehörende Kapelle, ein flacher Bau am Fuß des Glockenturms, wird nach 16-monatiger Sanierung heute eröffnet. Ihre Waben leuchten hellgrau über den Platz – so soll es im Originalzustand gewesen sein – und heben sich schön von der schwarzen Stahlkonstruktion des Gebäudes ab. 1,5 Millionen Euro hat sich die gemeinnützige Wüstenrot-Stiftung die Sanierung kosten lassen.

Während in der großen Kirche das Licht blau-schummrig durch die Waben fällt, ist die Kapelle innen luftig und hell. Die Wabenwand dient nur als Abgrenzung zum öffentlichen Raum, als eine Art Umfassung, auf die man durch große Glasscheiben blickt. Dar­über sieht man den Himmel. Es ist friedlich hier, nur das leise Rauschen des Verkehrs deutet auf die Stadt draußen hin.

Heizung und Lüftung wurden erneuert, Holzoberflächen aufgearbeitet. Während in der Hauptkirche Touristen ein- und ausgehen, hat die Gemeinde in der Kapelle auch einen Ort für sich. „Trauungen, Taufen, Chorproben oder Gesprächsabende können hier stattfinden“, sagt Pfarrer Martin Germer.

Die größere Sanierung steht am Breitscheidplatz noch bevor: 60 bis 70 Prozent der Waben am sechseckigen Glockenturm weisen Schäden auf, schätzt Architekt Steffen Obermann. Kletterer sammelten vor drei Jahren mehrere Wannen voll Betonbrocken ein, die sich gelöst hatten. Die Gedächtniskirche wird Berlin noch beschäftigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen