Von Bismarcks dürfen so nicht jagen: Keine Extrawurst für den Adel
Erst hielt die Adelsfamilie von Bismarck sich nicht an das Gesetz, dann klagte sie gegen die Jagdbehörde. Doch Jagdgatter im Sachsenwald bleiben verboten
Jagdgatter dienen dazu, Wildtiere einzuzäunen, um sie dann einfacher abschießen zu können. Im Detail ging es vor Gericht um drei Jagdgatter in Schleswig-Holstein. Zwei davon befinden sich im Sachsenwald und gehören der Familie von Bismarck. Verhandelt wurde die Frage ob das Rotwildgatter und der Saupark erhalten bleiben dürfen und ob das Jagen darin erlaubt ist.
Geklagt hatten Graf Maximilian von Bismarck-Schönhausen und der durch Familienoberhaupt Gregor Graf von Bismarck vertretene Forstbetrieb Sachsenwald gegen den Kreis Herzogtum Lauenburg.
Seit Jahren hatten die beiden Jagdgatter der Nachfahren des Reichskanzlers Otto von Bismarck, die zusammen 1.300 Hektar groß sind, immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. Nach dem schleswig-holsteinischen Landesjagdgesetz hätten sie – wie alle Jagdgatter – bis spätestens Oktober 2014 geschlossen werden müssen.
Jagd und Sauenpark als adliges „Kulturdenkmal“
Doch die Adelsfamilie wehrte sich dagegen und ließ die Gatter einfach bestehen. Auf der Seite der Beklagten war eine Vertreterin des Kreises sowie zwei Vertreter des Umweltministeriums zum Gerichtstermin gekommen. Für Dörte Kröpelin vom Kreis Lauenburg war die Rechtslage längst klar: „Es ist nur erlaubt zu jagen, wenn die Gatter aufgelöst werden und das scheint nicht der Fall zu sein“, sagte sie während der Verhandlung.
Die Grafen ließen sich vor Gericht nicht blicken. Vertreten wurden sie sich von drei in Schlips und Robe gekleideten Anwälten. In länglichen Ausführungen beharrten sie auf einer unrechtmäßigen Enteignung des Eigentums und der Bedeutung der Jagd und des Sauenparks als „Kulturdenkmal“, doch das Gericht überzeugten sie offensichtlich nicht. „Die Klagen im Fall Bismarck wurden abgewiesen“, sagte ein Sprecher des Gerichts. Das Verbot der Jagdgatter sei rechtmäßig und stelle keine Enteignung dar.
Das schleswig-holsteinische Landesjagdgesetz verbietet seit 1999, Areale zum Zwecke der Jagd oder Hege einzuzäunen.
Die Besitzer schon vorhandener und genehmigter Jagdgatter hatten damals bis zum 28. Oktober 2014 Zeit, den Zaun um das Jagdgebiet abzureißen.
Eine weitere Änderung des Gesetzes verbietet seit dem 28. Juni 2016 ausdrücklich auch das Jagen innerhalb entsprechender Gatter.
Bereits am 26. Januar 2015 hatte der Kreis Herzogtum Lauenburg Bescheide zur Beseitigung der beiden zur Familie von Bismarck gehörenden Jagdgatter im Sachsenwald erlassen.
Bei der Verhandlung spielte auch das Verständnis von Jagd eine Rolle. Tobias Langguth, Naturschutzreferent des BUND, erklärte auf Anfrage der taz, die Jagd solle eigentlich ein Instrument des Wald- und Naturschutzes sein. Bei der Gatterjagd dagegen gehe es „allein um das Vergnügen und die Freude beim Abschießen“.
Und tatsächlich schien die Freizeitgestaltung der Grafen auch ihren Anwälten eher am Herzen zu liegen als das Wohl der Tiere. Ohne eine Entscheidung im Falle der Jagdgatter könnten die künftige Jagden schlecht planen. Bei der Jagd gehe es um „eine Form von Freiheit der Lebensgestaltung“, sagte einer der Anwälte vor Gericht. Und auch der an den Saupark grenzende Golfplatz könne zu Schaden kommen, sollte das Gatter geöffnet werden.
Womöglich hat der Streit um das Recht auf Jagdgatter trotzdem noch kein Ende. Denn gegen das Urteil können die Bismarcks vor dem Oberverwaltungsgericht Berufung einlegen. Schießen dürfen sie weiterhin nicht, auch wenn ihre Anwälte vor Gericht darauf pochten, aufgrund möglicher Überpopulation eine Lösung zu finden. Das kann dem Urteil nach jedoch nur bedeuten, dass die Gatter abgerissen werden müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen