piwik no script img

Ihre Tricks – so offen-sichtlich

Marine Le Pen Wie sie bei ihren Argumenten Rationalität durch Aggressivität ersetzte

PARIS Libé | Offen gesagt: Sie ist nicht auf der Höhe. Abgesehen von den Risiken, die ihrem Vorhaben innewohnen, oder den von ihr gewünschten Diskriminierungen gegen jeden Fremden – was die Beherrschung der Themen, die Glaubwürdigkeit der Finanzpläne, die Belastbarkeit der Vorschläge angeht, also die Qualität ihrer Argumente, spielt Marine Le Pen in der zweiten Liga.

Es gibt viel zu sagen über Emmanuel Macrons Projekte, ihre Sinnhaftigkeit, ihre Wirksamkeit, ihre möglichen schädlichen Nebenwirkungen. Aber nicht so. Nicht mit einer schweren Artillerie, die wahllos immer gleich schießt; nicht mit so offensichtlichen Tricks, dass sie den Gedankengang verdrängen. Nicht mit diesen persönlichen Anspielungen, die an die veraltete Rhetorik der 30er Jahre anknüpfen. An ihren Themen klammernd und an ihren Parolen hängend, hat die Führerin des Front National fast zwei Stunden lang den Kläffer gespielt, zweifellos beschäftigt mit ihrem 10-Punkte-Rückstand in den Umfragen.

Sicher birgt dieses Kompetenzgefälle auch ein Risiko. Die Schwäche seiner Gegnerin, welche Rationalität durch Aggressivität ersetzt, schiebt Emmanuel Macron automatisch in die verrufene Kategorie der Besserwisser ab, der selbstsicheren Belehrer, der Hochgestellten. Die Schwierigkeit besteht darin, dass Macron überlegen war – aber wenn er zu überlegen war, drohte er einen Teil der Öffentlichkeit zu verprellen.

Vor allem, da die Bauchgefühl-Argumente des FN bei Themen, die mit Sicherheit oder Zuwanderung zu tun haben, zweifellos wirken. Auch da war eine große rhetorische Geduld nötig, um der brutalen Demagogie von Grenzschließung, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit entgegenzutreten. Wer ein hartes, hermetisches, vermeintlich schützendes Frankreich will, ist vielleicht überzeugt.

Die anderen wissen, woran sie sind. Laurent Joffrin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen