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OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Weil die zeitgenössische Filmpresse bereits „Apocalypse when?“ witzelte, stand Francis Ford Coppola mit seinem von Pech und Pannen verfolgten Vietnamkriegs-Epos „Apocalypse Now“ 1979 unter kommerziellen Druck. Um endlich etwas vorweisen zu können, wurde die damalige Kinofassung mit heißer Nadel gestrickt. 2001 erstellte der Regisseur dann seine „Redux“-Version, in die Szenen eingefügt wurden, die seinerzeit der Schere zum Opfer gefallen waren: Da treffen Captain Willard (Martin Sheen) und seine Mannen nun in einer traumgleichen Sequenz mitten im Dschungel auf alte Kolonialfranzosen, und die abschließende Konfrontation zwischen Willard und Colonel Kurtz (Marlon Brando) in dessen Schreckensreich spielt deutlicher als zuvor mit der Frage, ob Willard nach all seinen Erlebnissen vielleicht ein neuer Colonel Kurtz werden könnte. Ist die „Redux“- Version wirklich besser? Auf jeden Fall immer noch ein guter Film über den Irrsinn des Krieges (OmU, 7. 5., 14 Uhr, Zeughauskino).

Die figurativen Bilder von Neo Rauch, in denen sich dem sozialistischen Realismus entsprungen scheinende Menschen in surrealen Traumlandschaften wiederfinden, mag nicht jeder. Sein Erfolg in den USA ist gerade der Tatsache geschuldet, dass man ihn dort als deutsch und exotisch begreift. An Nicola Graefs Porträt „Neo Rauch – Gefährten und Begleiter“ überzeugen vor allem jene Sequenzen, in denen der zurückhaltende, aber extrem artikulierte Künstler selbst seinen persönlichen und künstlerischen Hintergrund erläutert und ein Stück weit an seinem Schaf­fens­prozess teilhaben lässt. Seine Kunst erklärt das nicht, aber es macht sie ein Stück weit zugänglicher (4.–10. 5., 16 Uhr, Tilsiter Lichtspiele).

So richtig konnte sich Buster Keaton mit dem selten gezeigten Film „Seven Chances“ nie anfreunden, weil ihm das Theaterstück, auf dem er beruht, nicht viel Raum für seine artistischen Stunts bot. Doch der Film kommt am Ende noch mächtig ins Rollen: Ein Finale mit einer Felslawine und Horden von heiratswilligen Frauen, die es auf Busters Erbschaft abgesehen haben, gehört zu den furiosesten Sequenzen des Komikers (6. 5., 24 Uhr, Babylon Mitte).

Das Private ist politisch: Im Bett liegend diskutiert Jean-­Pierre Léaud in Jean Eustaches „La maman et la putain“ (1973) dreieinhalb Stunden lang gemeinsam mit Bernadette Lafont sein Sexualleben und das Scheitern seiner politischen Träume. Ein so eigenwilliges wie treffendes und manchmal auch witziges Porträt der Thirty-plus-Generation der 70er Jahre (OmeU, 5. 5., 20 Uhr, Arsenal 2).

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