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Ortstermin von Marco cariniDer Machtwechsel in der Handelskammer

Melsheimer will nicht mehr viel sagen. Seinen Bericht hat er nur schriftlich vorgelegt

Es ist der Tag der Machtübernahme. Punkt 15 Uhr läutet am Donnerstagnachmittag Noch-Präses Fritz Horst Melsheimer das letzte Plenum der Handelskammer ein, dem er vorsitzt. Sein designierter Nachfolger, der Unternehmensberater Tobias Bergmann, plaudert unterdessen gut gelaunt an der Tür zum Plenarsaal, die Hände keck in die Hüften gestützt.

Bergmann ist der einzige Bewerber für die Melsheimer-Nachfolge – und der Kandidat des Bündnisses „Wir sind die Kammer“, das bei den letzten Kammerwahlen einen Erdrutsch-Sieg errungen hatte und nun über solide 55 der 58 Plenarsitze verfügt.

Während Bergmann ein nicht zu vertreibendes Siegerlächeln aufgesetzt hat, machen Melsheimer und Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz, dessen Tage ebenfalls gezählt sein dürften, gute Miene zum bösen Spiel. Melsheimer hat nicht mehr viel zu sagen. Seinen Bericht hat er nur schriftlich vorgelegt. Auch der sonst nie wortkarge Schmidt-Trenz begnügt sich an diesem Nachmittag mit wenigen Worten. Dann wird, unter den gestrengen Mienen von 14 inzwischen verblichenen und hier in Öl verewigten Ex-Präsides zur Wahl geschritten.

Um 15.42 Uhr brandet Applaus auf hinter den für die Öffentlichkeit geschlossenen Türen des Plenarsaals – auch das wollen die sogenannten Kammerrebellen ändern. Bergmann ist mit 54 von 58 Stimmen gewählt und grinst nun noch etwas breiter. Auch seine Vizes, über die anschließend abgestimmt wird, gehören dem bisherigen Oppositionsbündnis an, das versprochen hat, die Zwangsbeiträge und -mitgliedschaften in der Kammer für die Hamburger Wirtschaftsunternehmen schnellstmöglichst abzuschaffen.

Nach nicht einmal einer Stunde, Punkt 15. 55 Uhr, verlässt Fritz Horst Melsheimer durch die Hintertür den Plenarsaal. Er wechselt noch ein paar karge Worte mit den wartenden Journalisten, bevor er einsam über die Flure in Richtung Tiefgarage schreitet, sich eine Baseball-Kappe überzieht und seinen dunklen Touareg besteigt.

Als der Geländewagen kurz nach vier Uhr auf den Adolphsplatz rollt, ist die Amtszeit Melsheimers Geschichte. Es ist ein leiser Abschied. Und der Beginn einer völlig neuen Ära in der Chronik der ehrwürdigen Hamburger Handelskammer.

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