: Im Skandalverein kehrt Ruhe ein
Fußball Der Drittligist VfL Osnabrück hat den Vertrag mit Trainer Joe Enochs bis 2020 verlängert. Das finden nicht alle Fans gut, obwohl die Mannschaft ihre Ziele erreicht hat und weiter um den Aufstieg spielt
Aus Osnabrück Thomas Wübker
Wett-Mafia, Steuerfahndung und interne Querelen im Präsidium – der VfL Osnabrück produzierte in den vergangenen Jahren zuverlässig negative Schlagzeilen. Lange Zeit galt er als die Skandalnudel der Dritten Liga. Doch langsam kehrt in Osnabrück Ruhe und Kontinuität ein. Das liegt vor allem an der Vertragsverlängerung mit VfL-Urgestein und Trainer Joe Enochs. Doch obwohl der VfL durch den 1:0-Sieg gegen den VfR Aalen am Samstag weiter aufsteigen kann, rumort es bei vielen Fans.
Denn sportlich steckt der Verein seit Jahren in der Dritten Liga fest. Die goldenen Jahre, in denen Spieler wie Simon Zoller oder Kevin Kampl verpflichtet werden konnten, sind angesichts einer angespannten finanziellen Lage lange vorbei. Diese Saison galt der VfL zwar lange Zeit als aussichtsreicher Aufstiegskandidat, nach mehreren Niederlagen ist der Klub in der Tabelle jedoch abgerutscht.
Jetzt stehen die Lila-Weißen stehen auf Platz sechs, drei Punkte hinter dem Zweitplatzierten Holstein Kiel. Immerhin: Sollten der VfL die restlichen vier Spiele erfolgreich bestreiten, könnte der Aufstieg oder zumindest der Relegationsplatz möglich sein – vorausgesetzt natürlich, die Konkurrenz spielt mit.
Joe Enoch ist mit dem Saisonverlauf halbwegs zufrieden. Die selbst gesteckten Ziele hat der VfL trotz durchwachsener Saison erreicht. Er sagt: „Wir wollten junge Leute in die Profi-Mannschaft einbauen, so früh wie möglich nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben, uns für den DFB-Pokal qualifizieren und die Liga bis zum letzten Spieltag spannend halten.“
Enochs ist Osnabrücks Rekordspieler und seit 21 Jahren im Verein. 1996 kam er als Spieler, wurde dann Nachwuchstrainer und beerbte in der Saison 2015/16 Maik Walpurgis als Cheftrainer. Bei den Fans ist seine Vertragsverlängerung aber umstritten: Bei einer Umfrage auf noz.devotierten 48 Prozent gegen eine Weiterbeschäftigung, nur 38 Prozent waren dafür.
Einige KritikerInnen werfen Enochs langweiligen Sicherheitsfußball vor, andere vermuten Klüngelei hinter der Vertragsverlängerung um gleich drei Jahre. Ihm solle ein sicherer Posten zugeschanzt werden, heißt es. Enochs wehrt sich: Er sei nicht auf Sicherheit bedacht, sondern wolle sich an seinen Leistungen messen lassen, sagt er.
Seine Vertragsverlängerung wurde einen Tag nach der Qualifikation für den DFB-Pokal bekannt gegeben. Der dafür notwendige 2:0-Sieg am vergangenen Mittwoch gegen Arminia Hannover im Halbfinale des NFV-Pokals war angesichts der angespannten finanziellen Lage ein Muss. Laut Geschäftsführer Jürgen Wehlend bringt der DFB-Pokal ein Plus von 1.500 Dauerkarten. Ob der VfL langfristig in der Dritten Liga überleben kann? „Wir müssen bescheiden bleiben“, sagt Wehlend. Der Weg des VfL orientiere sich an langfristigen Zielen. Deswegen sei der Vertrag mit Enochs bis 2020 verlängert worden.
Joe Enochs, VfL-Trainer
Den Verweis auf langfristige Ziele hören die Fans schon seit Jahren. Viele fragen sich, wann diese Ziele endlich erreicht werden. Nach Wunsch und Selbstverständnis einiger Fans gehört der Verein in die Zweite Liga. Für bessere Aufstiegschancen hätte der Klub allerdings die Rückrunden-Heimspiele gegen Mainz 05 II, Werder Bremen II, den Halleschen SC oder Großaspach gewinnen müssen.
Die Spieler wirkten in der Rückrunde bisweilen lethargisch. Joe Enochs nimmt die Mannschaft dennoch in Schutz. Sie haben sich in vielen Spielen voll reingehängt, sagt er. Dass die Konstanz in seinem Team fehlte, gibt Enochs allerdings unumwunden zu: „Wir haben gerade in der Rückrunde nicht das Punktelimit erreicht, das wir intern besprochen haben.“ Er verweist auf die vielen Ausfälle, insbesondere von Kapitän Halil Savran und Vize-Kapitän Christian Groß.
Ein Trost: Keine Mannschaft in der Dritten Liga außer Duisburg habe konstant gespielt. Enochs sagt: „Oft entscheiden Details. In der Phase, in der wir vier Mal hintereinander verloren haben, haben wir in der letzten Minute noch ein Tor bekommen.“ In dieser Zeit habe seine Mannschaft schlecht gespielt, so Enochs – „Klar sind wir enttäuscht. Wir haben Fehler in diesen Spielen gemacht, die wir normalerweise nicht machen.“
Zwei Heimspiele hat der VfL noch. Am kommenden Samstag gibt es das Derby im zehn Kilometer entfernten Lotte. Enochs bleibt amerikanisch-optimistisch: „Eine Überraschung auswärts, dann sind wir bis zum Schluss oben dabei.“
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