Fahrer über das Image von Busreisen: „Ein Generationswechsel findet statt“
Busreisen gelten als verschnarcht. Warum eigentlich? Weil kaum einer mit der Umweltfreundlichkeit wirbt, erklärt der Busfahrer und Reiseberater Wolfram Goslich.
taz: Herr Goslich, „preiswert“, „gesellig“, „eher für Senioren geeignet“ – das sind Attribute, die viele Menschen mit Busreisen verbinden. Das Image ist ein ziemlich verschnarchtes. Warum gelingt es der Branche nicht, sich ein besseres zu erarbeiten?
Wolfram Goslich:Das hat sie sich teils selbst zuzuschreiben. Viele Veranstalter schaffen es einfach nicht, ihre Stärken richtig herauszustellen. Kaum einer wirbt mit der Umweltfreundlichkeit des Reisens oder mit pfiffigen neuen Ideen. Aber auch da findet ein Generationswechsel statt: Kunst- und Wanderreisen, Kombireisen mit Fahrrädern oder Flusskreuzfahrtschiffen – so etwas findet sich jetzt immer öfter. Reisegruppen spalten sich auf und haben tagsüber unterschiedliche Programme – da wird der Bus dann eher Mittel zum Zweck – und zur Kommunikationszentrale.
Wie viele Menschen in Deutschland fahren eigentlich mit dem Bus in Urlaub?
Zwischen 12 und 17 Millionen, schätzt man, unternehmen pro Jahr eine richtige Reise mit dem Bus, das heißt, sie sind drei, vier Tage und länger unterwegs. Busunternehmer, die einen eigenen Katalog haben, gibt es um die 1.100. Meistens sind das kleinere Firmen, die fünf, sechs Busse bewegen und zehn bis zwölf Mitarbeiter beschäftigen.
Dass Busse umweltverträglicher sind als Pkws leuchtet ein. Wie aber verhält es sich beim Vergleich mit der Bahn?
Es gibt ein paar offensichtliche Zahlen: Ein Bus stößt auf 100 Kilometer 3,1 Kilo CO2 aus, die Bahn 4,6, ein Pkw 13,8. Ein Bus braucht etwa 1,2 Liter Diesel bei einer mittleren Auslastung von circa 30 Personen pro Person auf 100 Kilometern. Beim Zug sind das 2,8 bis 3,4 Liter – was daran liegt, dass Eisenbahnwaggons wesentlich schwerer sind. Aber all diese Zahlen hängen natürlich immer auch mit der Auslastung zusammen. Grundsätzlich muss man bei solchen Vergleichen die Frage stellen: Wie viel Energie brauche ich, um das ganze System zu betreiben? Und selbst wenn wir da Umwege, Staus und Wartezeiten mit einrechnen, steht der Urlaub im Bus ganz an der Spitze der Klimafreundlichkeit.
Anfang des Jahres hat Günter Wallraff mit einer Sendung über Fernbusse für Aufsehen gesorgt. Um mangelhafte Technik und Fahrer, die übermüdet sind und ihre Ruhezeiten nicht einhalten, ging es da. Wie steht es um die Sicherheit beim Busurlaub?
Tatsächlich herrscht in der Fernbusbranche ein Höllendruck, finanziell wie zeitlich, und es finden sich immer weniger Unternehmen und Fahrer für das Geschäft.
Keine gute Nachricht für entspannten Urlaub …
Bei Touristikbussen ist das glücklicherweise anders. Denn die Gäste wollen ja entspannt reisen und keine Riesenstrecken durchfahren. Technisch sind die Fahrzeuge up to date. Schließlich müssen sie alle drei Monate zu vorgeschriebenen technischen Untersuchungen. Und was in den letzten Jahren an Sicherheitskomponenten hinzugekommen ist, ist enorm: Spurassistent, Notbremsassistent, Abstandsregeltempomat …Der Bus gilt nach wie vor als sicherer als alle anderen Straßen- oder Schienenfahrzeuge.
Der leidenschaftliche Busfahrer, 63, arbeitet in Berlin als touristischer Berater und Trainer für Tourismusregionen und Busunternehmen. Er entwickelt neue Reisen und setzt sich auch selbst immer wieder gerne hinter das Steuer.
Worauf sollte man achten, wenn man eine Busreise bucht? Kann man schwarze Schafe von vornherein aussieben?
Die meisten Anbieter sind ja regional bekannt. Also fragen, fragen, fragen, sich umhören bei Kunden, die schon einmal mitgefahren sind. Und was die Kosten angeht: Ab etwa 100 Euro pro Tag entsteht ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Damit kann man ein gutes Programm auf die Beine stellen, nette Hotels buchen und auch seine Leute vernünftig bezahlen.
Und was sind die Nachteile, wenn man so lange Strecken mit einem Bus unterwegs ist?
Na, man ist natürlich länger auf Achse. Und man muss immer mal wieder Kompromisse mit anderen Gästen schließen. Beides aber kann man natürlich auch ganz anders betrachten: Dann wird einfach der Weg zum Ziel. Und viele finden es auch großartig, mal vierzehn Tage nicht allein frühstücken zu müssen und Gesellschaft zu haben.
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