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Motiv für Wiesn-Anschlag bleibt strittig

Auch ein Vierteljahrhundert nach dem Terroranschlag auf dem Münchner Oktoberfest bezweifeln Kenner des Falls die Einzeltäterhypothese. Doch die Bundesanwaltschaft sieht keinen Anlass, die lange geschlossenen Akten noch einmal zu öffnen

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Es war der schlimmste Terroranschlag der Bundesrepublik: Am 26. September 1980 explodiert um 22.20 Uhr ein Sprengsatz in einem Mülleimer auf dem Oktoberfest. 13 Menschen sterben, mehr als 200 werden verletzt. Schnell steht für die Ermittler fest: Der Geologiestudent Gundolf Köhler, 21 Jahre, zündete die Bombe – er kam bei dem Anschlag selbst ums Leben.

Zwar war Köhler Mitglied der rechtsextremen „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Die Staatsanwälte sehen aber zu keinem Zeitpunkt Politik als Tatmotiv, sondern persönliche Spinnerei. Die Möglichkeit einer Gruppentat wird schnell verworfen.

Zum 25. Jahrestag wird nun die Kritik an der Einzeltätertheorie wieder deutlich vernehmbar. „Es ist damals recht einseitig ermittelt worden“, sagte Klaus Hahnzog der taz. Der SPD-Politiker arbeitete selbst als Staatsanwalt und war damals als Kreisverwaltungsreferent für die Rettungsarbeiten verantwortlich. Sein Urteil: „Es wurde nicht alles getan, was nach dem staatsanwaltschaftlichen Legalitätsprinzip erforderlich gewesen wäre.“ Immer wieder wurde seit der Tat der Verdacht laut, dass Köhler nicht alleine handelte, sondern als Teil einer Neonazi-Gruppe, die ein Zeichen setzen wollte, zehn Tage vor der Bundestagswahl 1980. Der BR-Journalist Ulrich Chaussy beschäftigt sich seit 25 Jahren mit dem Fall. Am Wochenende erneuerte er in einem Zeitungsinterview seine Kritik: „Es gab einen Zeugen, […] der gesehen hat, wie Köhler kurz vor der Explosion […] mit zwei Männern diskutiert hat.“ Dieser Zeuge sei schließlich so voreingenommen befragt worden, dass die Polizei die beiden Männer von möglichen Mittätern zu unwesentlichen Dritten herabstufte. Von einer damals 14 Jahre alten Zeugin bekam Chaussy vor zwei Jahren eine E-Mail. „Sie sagt, sie sei kurz vor der Detonation von einem Mann von der Sprengstelle weggezerrt worden, der ihr zu verstehen gab, dass hier gleich etwas passieren werde. Bei ihr hat die Polizei insinuiert, dass der Mann sie sexuell belästigen wollte.“

Für Hahnzog ist die lasche Ermittlungsweise nachvollziehbar: „Das lag am damaligen Mainstream. Im Blickfeld des Staates waren die RAF-Leute. Und jeder weiß, dass sich Richter und Staatsanwälte nicht völlig von solchen Strömungen lösen können.“ So versuchte Unions-Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß in den Tagen nach der Tat einen linksradikalen Anschlag zu konstruieren – scheiterte damit aber ebenso wie mit seiner Kandidatur.

Doch auch die rechte Spur wurde nicht weiter verfolgt. „Der Abschlussbericht der Bundesanwaltschaft ist wachsweich, da liest man sehr viel „dürfte“ und „könnte“, bemängelt Hahnzog. Doch seit 1981 sind die Akten geschlossen, der Einzeltäter gefunden und man denkt in Karlsruhe auch nicht daran, den Fall noch einmal aufzurollen: „Es haben sich keine neuen Anhaltspunkte ergeben, die zu einer abweichenden Bewertung der bisherigen Ermittlungen führen“, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der taz.

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