: Datenspeicherung: Parlament will mitreden
EU-Abgeordnete weisen Anti-Terror-Vorschlag von vier Mitgliedstaaten zurück. Kommission legt eigenen Entwurf vor
BRÜSSEL taz ■ Das EU-Parlament hat sich gestern erwartungsgemäß gegen den geplanten Rahmenbeschluss zur Speicherung von Kommunikationsdaten ausgesprochen. Auf Initiative Frankreichs, Irlands, Schwedens und Großbritanniens hatte der britische Innenminister Charles Clarke einen Vorschlag vorgelegt, wie die Rechtsvorschriften zur so genannten Vorratsdatenspeicherung in der EU angeglichen werden könnten. Danach hätten alle Gesprächskontakte einschließlich SMS und E-Mails mindestens ein, höchstens drei Jahre gespeichert werden sollen. Gesprächsinhalte würden nicht erfasst. Das Parlament wird bei diesem Verfahren angehört, ein Mitspracherecht hat es nicht.
Datenschützer und die Mehrheit der EU-Parlamentarier hatten den Vorschlag als unverhältnismäßig abgelehnt. Internet-Provider hatten gewarnt, er könne für die kleinen Anbieter der Branche das Aus bedeuten, da ihre Speicherkapazität für diese Anforderungen nicht ausreiche. Die vorgesehenen finanziellen Entschädigungen bezeichnete die Branche als unzureichend.
Nach Recherchen des liberalen deutschen Abgeordneten Alexander Alvaro würde eine Datenmenge von 20 bis 40 000 Terabyte anfallen – das entspräche 4 Millionen Kilometern Aktenordnern.
Derweil hat EU-Kommissar Franco Frattini einen eigenen Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorgelegt. Danach müssten in der EU Internetkontakte für sechs Monate, Telefonkontakte für ein Jahr gespeichert werden. Firmen sollen nicht nur für jeden Rechercheauftrag bezahlt werden, sondern auch eine Entschädigung erhalten, dass sie ihren Speicherplatz erweitern müssen. Sollte der Rat sein Projekt zugunsten des Kommissionsvorschlages fallen lassen, käme ein Mitentscheidungsverfahren in Gang, bei dem Rat und Parlament zustimmen müssten.
Der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx beurteilt den Kommissionsentwurf als ausbalancierter und präziser. Allerdings sieht er Nachbesserungsbedarf: Nur gezielte Anfragen von Ermittlungsbehörden dürften zulässig sein. Auch müsse der Inhalt der Gespräche noch wasserdichter gegen Weitergabe geschützt werden. Die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Ertrag sei nicht bewiesen. „Bis jetzt sehe ich keinen überzeugenden Beleg, dass mehr Daten als bisher für die Aufklärung von Verbrechen benötigt werden“, sagte Hustinx. Keinesfalls dürften die betroffenen Wirtschaftsunternehmen mit geringen Entschädigungen abgespeist werden. DANIELA WEINGÄRTNER
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