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Nachruf auf Choreografin Trisha BrownDer Körper, der lächeln kann

Die US-Choreografin Trisha Brown ist gestorben. Abstrakt und konzeptuell teilten ihre Werke den Aufbruch der Künste in den 1960er-Jahren.

Trisha Brown in Paris, 2011 Foto: imago/Le Pictorium

Trisha Brown ist wichtig. Warum beginnt ein Nachruf auf eine weltberühmte Choreografin so? Doch nur aus der Angst, sie könnte schon vergessen, nur noch wenigen bekannt sein. Dabei hat die amerikanische Künstlerin seit den frühen 1960er Jahren den zeitgenössischen Tanz nicht nur in den USA, sondern auch in Europa geprägt: durch ihre eigene Schule, durch die vielen Tourneen ihrer Company, durch den analytischen Ansatz ihrer Bewegungen.

1936 geboren, ist Trisha Brown, deren Tod am Wochenende erst am Dienstag bekannt wurde, 80 Jahre alt geworden. 2012 zog sie sich, an Demenz erkrankt, aus der Arbeit zurück. 2015 kam ihre New Yorker Company noch einmal nach Berlin, eine Abschiedstournee auf der Bühne. Danach sollten ihre Stücke, viele längst Klassiker ihres erst minimalistischen und dann sehr komplexen Vokabulars, nur noch in Museen und Kunstkontexten aufgeführt werden. Da sie sehr präzise gearbeitet sind und doch von einer sehr entspannten und gelösten Haltung leben, die längst nicht alle Tänzer beherrschen, ist nicht vorhersehbar, wie lange ihr Weiterleben funktionieren kann.

Eingeladen von Nele Hertling von der Berliner Akademie der Künste kam Trisha Brown oft nach Berlin. Filme der frühen Performances im Stadtraum wurden gezeigt, in denen man ihre Tänzer, mit Seilen gesichert, Museumswände und Hochhausfassaden auf- und absteigen sah. Solos und große Gruppenstücke verbanden sich immer wieder zu einem Kapitel Avantgardegeschichte; ihre Mitspieler waren John Cage und Robert Rauschenberg, Jazzkomponisten wie Dave Douglas, Konzeptkünstler wie Donald Judd. Doch was sie in diesen intellektuell stets anspruchsvollen Horizont einbettete, zeugte bei aller Abstraktion von einer überraschend heiteren Gelassenheit.

Einer ihrer Klassiker (Accumulation, 1971) begann mit der Drehung eines Daumens, um dann nach und nach den ganzen Bewegungsapparat dem Daumen folgen zu lassen. Bewegungen addierten und wiederholten sich, man bekam ihren Aufbau als glasklare und zugleich flüchtige Struktur vorgesetzt, den Spielraum jedes Gelenks vorbuchstabiert. Browns Blick auf den Körper hatte etwas Sezierendes, Analytisches, ebenso wie ihre spätere Nutzung von Mathematik und Geometrie als Elemente der Komposition. Aber obwohl sie Erzählung, Rollen, Expressivität aus dem Tanz strich, jedenfalls in den meisten Werken, waren die nie bloß mechanisch oder kalt. Etwas von Freude, von der Lust an der Differenzierung, lag in den oft auch farbenprächtigen Schauspielen; etwas, als ob die Körper hier strahlen würden vor Wohlbehagen über den Anschluss an einen stetigen Fluss der Energie.

Klar, das Interesse an Minimalismus, an Meditation, an einer anderen als der westlichen Spiritualität, entdeckten viele Künstler der 1960/70er Jahre in den USA. Brown hatte in Kalifornien am Mills College studiert, und sie gehörte ab 1962 zu den Gründern des Judson Church Dance, bevor sie ab 1970 ihre eigene Company aufbaute. Auf Hausdächern zu tanzen oder mit einem VW-Käfer, das gab in ihren frühen Jahren tolle Bilder für den Aufbruch aus dem Theater, das Erschließen von Räumen, das Eintauchen in den Atem der Großstadt. Das Bewusstsein von dieser Geschichte hat auch die Aufführungen späterer Werke, auch zu Musik von Bach und Monteverdi, immer mitgetragen.

Auf YouTube kann man Trisha Brown sehen, 2011, wie sie auf der Treppe des französischen Théâtre National de Chaillot tanzt, sehr schmal, elegant, leicht. Es war ihr letzter Auftritt.

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